Thierse: Papst Franziskus hat "lutherische Qualitäten"
Altbundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat die beiden großen Kirchen zu mehr ökumenischem Engagement aufgerufen. In seinem Festvortrag zur zentralen Reformations-Gedenkfeier in Rheinland-Pfalz zeigte sich Thierse am Dienstag in Speyer "trotz aller Freude unzufrieden". Die Rede von der "versöhnten Verschiedenheit" der Konfessionen reiche nicht, sie stehe nur "für die Verwaltung der Differenz". Die Katholiken sollten die Chance nutzen, dass sie mit Papst Franziskus ein Kirchenoberhaupt "mit durchaus lutherischen Qualitäten" hätten. Die Zukunft der Ökumene sei Sache jedes einzelnen Christen.
Zugleich betonte Thierse, Katholiken und Protestanten seien heute so nah beieinander wie noch nie. Die Chefs der beiden großen Kirchen in Deutschland, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Kardinal Reinhard Marx, träten auf "wie Zwillinge", und man könne den Eindruck haben, nichts könne sie trennen. Dies sei angesichts der "Abgrenzungsgeschichte" staunenswert.
Katholiken wurden als "falsch" bezeichnet
Thierse zeigte sich zufrieden, dass im Zuge des Reformationsgedenkens nicht mehr die evangelische Kirche als Kirche der Freiheit gegen die katholische ausgespielt worden sei. Es sei gut gewesen, dass dies nicht gesagt worden sei.
Thierse sprach in der Speyerer Dreifaltigkeitskirche. Für seine Rede in dem vollbesetzten Gotteshaus erhielt er lang anhaltenden Applaus. Der Festakt und der Gottesdienst davor wurden live im SWR übertragen. In der persönlich gehaltenen Ansprache berichtete der Katholik auch über sein Aufwachsen in einem damals stark evangelisch geprägten Umfeld in Thüringen. Er habe starke Gegensätze erlebt, und die Katholiken seien als "falsch" bezeichnet worden. (KNA)