Marx: Ausgrenzung hat keinen Platz im Pfarrgemeinderat
Die katholischen Bischöfe in Bayern halten ein abgestimmtes Gesamtkonzept zur Ganztagsbetreuung für erforderlich. Vieles im Bereich von Bildung, Erziehung und Betreuung laufe nebeneinander her, kritisierte der Münchner Kardinal Reinhard Marx am Donnerstag zum Abschluss der Herbstvollversammlung der Freisinger Bischofskonferenz. Die politischen Entscheidungsträger sollten ein Gesamtkonzept erarbeiten.
Keine zwei-Klassen-Betreuung
Der Bedarf an Ganztagsangeboten werde in Zukunft weiter steigen, auch die Horte würden in Zukunft immer wichtiger. In der Regel seien sie aber im Gegensatz zu Schulen kostenpflichtig. Kommunen und Landespolitik müssten daher für gerechte Lösungen sorgen, fordern die Bischöfe. Es dürfe nicht zu einer "sozialen Selektion und zu einer Zwei-Klassen-Betreuung" kommen. Sorgen bereitet den Bischöfen auch die Kinderarmut in Deutschland, vor allem unter kinderreichen Familien und alleinerziehenden Frauen.
In Bezug auf Flüchtlinge halten die Bischöfe am Familiennachzug enger Angehöriger fest. Das sie angesichts der hohen Bedeutung der Familie eine "prinzipielle Frage", betonte Kardinal Marx. Nach sorgfältiger Prüfung jedes einzelnen Falles sollten Minderjährige und Eheleute nachziehen dürfen.
"Es geht nicht um Vettern, Cousinen und Großtanten", fügte er hinzu. Betroffen seien vor allem Syrer, weil niemand wisse, wann der Krieg in ihrem Heimatland ende. Der Familiennachzug zählt zu den Streitpunkten der Sondierungsgespräche für eine mögliche Koalitionsbildung in Berlin. Union und FDP wollen ihn begrenzen, die Grünen treten für eine großzügigere Lösung ein.
Eine hohe Zahl an Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Kirchenasyl beobachten die Bischöfe gerade ein Bayern. Dennoch halte man an der "bewährten Tradition" fest, so Kardinal Marx, der auch Vorsitzender der Freisinger Bischofskonferenz ist. Zur genauen Zahl der Ermittlungsverfahren konnte er zwar keine Angaben machen. Zumindest seien aber bisher gegen jedes Kloster in Bayern, das Kirchenasyl gewährt habe, Ermittlungen aufgenommen worden. Bisher seien aber alle Verfahren auch wieder eingestellt worden.
Marx äußerte die Vermutung, zum Kirchenasyl gebe es in der Staatsregierung unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen Innen- und Justizministerium. Er sprach von "Symbolpolitik". Die Bischöfe jedenfalls empfänden Kirchenasyl nicht als Rechtsbruch, sondern als Möglichkeit, "noch einmal genauer hinzuschauen". Da lasse man sich nicht einschüchtern.
Marx: Ausgrenzung hat keinen Platz im Pfarrgemeinderat
Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) dankte Marx zugleich für eine "gute Zusammenarbeit". 2015 hatten sich Kirchenvertreter mit dem BAMF auf eine abgestimmte Vorgehensweise beim Kirchenasyl verständigt. Dazu zählt, dass sowohl die kirchlichen Vorgesetzten als auch die Behörden rechtzeitig informiert werden. Der Leiter des Katholischen Büros Bayern, Prälat Lorenz Wolf, bezifferte die aktuelle Zahl katholischer Kirchenasyle im Freistaat auf rund 180 Fälle mit etwas über 200 Menschen bei derzeit insgesamt rund 14.000 Ausreisepflichtigen.
Mit Blick auf die bayernweiten Pfarrgemeinderatswahlen 2018 rufen die Bischöfe alle wahlberechtigten Katholiken zum Mitmachen auf. Die zuletzt gestiegene Wahlbeteiligung von fast 16 Prozent im Jahr 2010 auf 18,3 Prozent 2014 stimme zuversichtlich. Als sehr wichtig bezeichnete es Marx, dass sich alle Kandidaten dem biblisch-christlichen Menschenbild verpflichtet fühlten. Ausgrenzung und Missachtung von Minderheiten dürften keinen Platz haben in Pfarrgemeinden. Auf Nachfrage von Journalisten sagte der Kardinal, dies sei nicht als Ausschluss von Menschen mit bestimmten Parteipräferenzen zu verstehen. Wer aber nicht die Überzeugung teile, dass alle Menschen Gottes Ebenbild und damit gleich wertzuschätzen seien, werde es schwer haben, konstruktiv mitzuarbeiten. Die deutschen Bischöfe hatten in der Vergangenheit wiederholt die Partei Alternative für Deutschland (AfD) scharf kritisiert.
Schließlich sprachen die bayerischen Bischöfe bei ihrer Herbstvollversammlung auch über die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU). Diese habe mit dem Entwicklungsministerium eine neue Kooperation geschlossen. Dabei geht es unter anderem um die Aus- und Fortbildung von Lehrkräften in Afrika und um den Aufbau von Informations- und Kommunikationstechnologien.
Ein Erfolg sei auch die Zusammenarbeit der KU mit der Technischen Hochschule Ingolstadt. Gemeinsam hatten die beiden Hochschulen den Zuschlag für eine Millionenförderung des Bundesbildungsministeriums erhalten. Die KU bekommt von bis zu 15 Millionen Euro voraussichtlich 6,5 Millionen Euro. Gefördert werden Projekte zu innovativer Mobilität, digitaler Transformation, nachhaltiger Entwicklung und bürgerschaftlichem Engagement.
Die Herbstvollversammlung der Bayerischen Bischofskonferenz tagte seit Dienstag in München. (gho/KNA)