Jugendliche Migranten besetzen Kirche in Marseille
Mindestens 40 jugendliche Flüchtlinge haben eine Kirche in Marseille besetzt. Medienberichten zufolge haben die unbegleiteten Minderjährigen ihre Aktion in die Pfarrkirche Saint-Ferréol am alten Hafen der südfranzösischen Metropole bereits am Dienstagnachmittag begonnen. Demnach wollten sie damit auf ihre Obdachlosigkeit aufmerksam machen.
Erzbischof besucht Jugendliche vor Ort
Das zuständige Erzbistum Marseille dulde den Aufenthalt der mehrheitlich aus Westafrika stammenden Jugendlichen, erklärte Pfarrer Steves Babooram am Mittwoch gegenüber der katholischen Zeitung "La Croix". "Die Kirche will deutlich zum Ausdruck bringen, dass ihr Menschen in Not nicht gleichgültig sind." Demnach habe der Erzbischof von Marseille, Georges Pontier, sein Einverständnis zur Übernachtung in der Kirche gegeben und sei am Mittwoch selbst vor Ort gewesen, um mit den Flüchtlingen zu sprechen. "Als sie gekommen sind, haben sie uns die Hand gereicht und wir haben sie genommen, weil wir versuchen, die Botschaft des Evangeliums zu leben", so Babooram. Von einer gewalttätigen Besetzung könne nicht die Rede sein.
Das kirchliche Obdachlosenhilfswerk "Emmaüs Solidarité" habe die Jugendlichen zunächst mit Decken und Nahrungsmitteln versorgt, erklärte der Priester weiter. Gleichwohl müssten die Flüchtlinge das Gebäude laut Babooram baldmöglichst wieder verlassen. "Das ist eine Kirche und es gibt zum Beispiel noch nicht einmal Duschen." Die Kirche versuche, bis spätestens Samstag eine Lösung der Situation herbeizuführen, die alle Seiten zufriedenstelle, so der Priester. Auf jeden Fall wolle man eine Evakuierung durch die Polizei vermeiden. Nun seien die zivilen Behörden gefragt, eine Unterbringung der Jugendlichen zu organisieren, sagte Babooram.
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In einer Stellungnahme vom Mittwochnachmittag kündigte der zuständige Départementrat an, den Jugendlichen baldmöglichst helfen zu wollen. "Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben werden 65 Personen, die sich als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bezeichnen und derzeit in der Kirche Saint-Ferréol aufhalten, zum nächstmöglichen Zeitpunkt in Obdach gebracht", zitierte die Zeitung "La Marseillaise" aus der Mitteilung. Wie es im Bericht weiter heißt, beklagen Hilfsorganisationen, dass allein in Marseille dutzende minderjährige Flüchtlinge mit Anspruch auf eine Unterbringung faktisch auf sich selbst gestellt blieben. Etliche von ihnen lebten auf den Straßen rund um den Hauptbahnhof.
Ähnliche Aktionen in Nantes und Lyon
Zuletzt hatten in ganz Frankreich ähnliche Aktionen stattgefunden, um auf die Obdachlosigkeit unter unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten aufmerksam zu machen. So hatten am Wochenende zunächst Studenten der Kunsthochschule von Nantes und am Mittwoch Studenten der Universität jeweils Räume ihrer Hochschulen besetzt. Am Dienstag folgte die Besetzung eines Theaters an einer Universität in Lyon. (kim)