Die Geschichte des ZdK geht bis ins Jahr 1848 zurück

Vom frommen Verein zum kontroversen Komitee

Veröffentlicht am 24.11.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Laien

Bonn ‐ Sie haben den Anspruch, für über 23 Millionen Katholiken in Deutschland zu sprechen: Zu diesem wichtigen Auftrag des ZdK von heute gesellt sich jedoch auch eine große Vergangenheit.

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1848 war ein aufregendes Jahr: In ganz Europa begehrten Bürger gegen autoritäre Obrigkeiten auf, in Frankfurt tagte die Nationalversammlung, das erste gesamtdeutsche Parlament – und auch in der Kirche gab es Aufbrüche, die noch heute wirken. In Würzburg versammelten sich zum ersten Mal die deutschen Bischöfe zu einer gemeinsamen Konferenz. Und auch die katholischen Laien fanden sich im Mainzer "Piusverein für religiöse Freiheit" erstmals organisiert zusammen. Seit gut zehn Jahren bereits setzte sich eine Bewegung gegen die Behördenwillkür gegenüber Katholiken einsetzte. Mit der Gründung des Piusvereins trat sie an die Öffentlichkeit. Der Mainzer Gründung folgten hunderte weitere Piusvereine in ganz Deutschland.

Schon im Oktober 1848 trafen sich die Vertreter der Piusvereine und weiterer katholischer Vereine zum ersten Mal, wiederum in Mainz, zu einer Generalversammlung – heute gilt dieses sechstägige Treffen als erster Katholikentag. Schon damals schlossen sich die verschiedenen Vereine unter einem Dach zusammen: Der "Katholische Verein Deutschlands" sollte künftig die Generalversammlungen organisieren.

1868 wird das erste "Zentralkomitee" gewählt

Zwei Jahrzehnte später wählte dieser Verein – auf dem Katholikentag 1868 in Bamberg – erstmals ein "Zentralkomitee". Zu dessen Aufgabe gehörte neben der Organisation der Katholikentage auch, sich drängenden politischen Fragen zu widmen und das katholische Vereinswesen zu fördern.

Linktipp: Fulda ist Gastgeber und Köln regiert

Seit 150 Jahren gibt es die Deutsche Bischofskonferenz. Katholisch.de blickt zurück: Welches Bistum stellte die meisten Vorsitzenden? Woher kamen die meisten Kardinäle? Und welcher Vorsitzende amtierte am längsten?

Diese Struktur des Zentralkomitees als Zusammenschluss der katholischen Vereine und Organisator der Katholikentage bestand im Wesentlichen bis zur Zeit des Nationalsozialismus. Im Zuge der "Gleichschaltung" konnten die katholischen Vereine nicht mehr frei wirken; Pfarreien und Diözesen wurden wichtiger als Sammelpunkt des Engagements der Laien. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden Katholikenräte auf verschiedenen Ebenen, parallel zu den wieder- und neugegründeten Vereinen und Verbänden.

Ein Vorreiter dabei war das Erzbistum Köln. Als eines der ersten Bistümer richtete es Katholikenausschüsse in den Städten und ein Diözesankomitee der Katholiken ein, 1947 sprachen sich die Bischöfe der britischen Besatzungszone für die Bildung von Diözesankomitees aus. Das hatte auch Konsequenzen für das Zentralkomitee, das im gleichen Jahr zur ersten Sitzung nach dem Krieg zusammentrat: Wo es bereits Diözesankomitees gab, wurden deren Vertreter eingeladen. Das Engagement der Laien sollte nicht durch unnötige Doppelstrukturen – Vereine und Räte – geschwächt werden.

Mit oder unter den Bischöfen?

Damit kam aber auch die Frage nach dem Verhältnis zwischen Diözesanbischöfen und Zentralkomitee auf: Wieviel Einfluss sollten die Bischöfe auf das Zentralkomitee haben? Auf eine prägnante Formel, wie die Laien ihre Position sahen, brachte es der damalige Zentralkomitee-Präsident Karl Fürst zu Löwenstein: "Selbständig, aber nie gegen den Willen der Bischöfe." Schon diese Selbständigkeit ging aber einigen Bischöfen zu weit; in der Bischofskonferenz wurde die Befürchtung geäußert, das Zentralkomitee könne anstelle der Bischöfe den Anspruch erheben, die eigentliche Stimme der Gläubigen zu sein, ohne Bindung an die kirchliche Hierarchie. "Wenn jemand das ZdK gründet, dann sind es die Bischöfe", formulierte wiederum Kardinal Frings den Anspruch der Hierarchie, das Laienapostolat zu koordinieren.

Gelöst wurde dieser Konflikt mit einer Formulierung im neuen, von der Bischofskonferenz genehmigten Statut des ZdKs: "Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist der von der Autorität der Bischöfe getragene Zusammenschluß der im Laienapostolat der katholischen Kirche in Deutschland tätigen Kräfte", hieß es in dem 1952 verabschiedeten Grundlagendokument.

Anteil an der Sendung des ganzen Volkes Gottes

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) bestimmte auch den Stellenwert der Laien neu. Im Dekret "Apostolicam actuositatem" wurde das Apostolat der Laien nicht mehr von dem des Klerus abgeleitet. Stattdessen betonte das Konzil den Anteil der Laien "an der Sendung des ganzen Volkes Gottes". In diesem Dekret wurden erstmals Laiengremien auch für die ganze Kirche empfohlen, "die die apostolische Tätigkeit der Kirche im Bereich der Evangelisierung und Heiligung, im caritativen und sozialen Bereich und in anderen Bereichen bei entsprechender Zusammenarbeit von Klerikern und Ordensleuten mit den Laien unterstützen."

Blick in den Synodensaal in Würzburg 1974.
Bild: ©KNA

Mit der Würzburger Synode von 1971 bis 1975 wurden die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils für Deutschland umgesetzt. Ein zentrales Thema war dabei die künftige Rolle der Laien.

Die Würzburger Synode (1971–1975) griff diese Empfehlung auf und setzte fest, dass in den Bistümern künftig Pfarrgemeinderäte bestehen müssten. Auch auf Diözesanebene wurde die Stellung der Katholikenkomitees und Diözesanräte gestärkt: Sie sollten im Sinne des Konzils die vom Bischof anerkannten Gremien des Laienapostolats sein. Diese Funktion kam auf überdiözesaner Ebene dem ZdK zu: Aus dem "von der Autorität der Bischöfe getragenen Zusammenschluss" wird ein "von der Deutschen Bischofskonferenz anerkannter Zusammenschluss". Damit wurde das Zentralkomitee unabhängiger. Die Vertreter der diözesanen Räte im ZdK werden seither nicht mehr vom Ortsbischof ernannt, sondern von den Räten gewählt, die Bischöfe entsenden keinen Vertreter mehr ins Präsidium des ZdK, und auch Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung kann das Komitee seither auch ohne Bestätigung durch die Bischöfe fassen.

Drei Säulen bilden heute das ZdK

Dennoch bleiben Bischofskonferenz und Zentralkomitee bis heute organisatorisch verbunden: Weiterhin benötigt der Präsident für seine Wahl die Zustimmung der Bischöfe, weiterhin entsendet die Bischofskonferenz einen "geistlichen Assistenten", der an allem Gremien des ZdKs teilnehmen darf.

Die Wiedervereinigung brachte schließlich auch für das ZdK eine Wende. Zuvor hatte sich ein "Gemeinsamer Aktionsausschuss katholischer Christen in der DDR" gebildet, der mit dem ZdK in Kontakt stand. Nach der Wende weitete das ZdK seine Strukturen dann auf ganz Deutschland aus; der vormalige Vorsitzende des "Gemeinsamen Aktionsausschusses", Hans Joachim Meyer, wurde 1997 selbst Präsident des ZdK.

Heute kommen die etwa 230 Mitglieder des Zentralkomitees aus drei Bereichen: Vertreter der Verbände, der Diözesanräte und zugewählte "Einzelpersönlichkeiten" aus Politik und Gesellschaft. Während die Verbandsvertreter von der "Arbeitsgemeinschaft der katholischen Organisationen Deutschlands" gewählt werden, deren Mitglieder von den bekannten Jugend- und Sozialverbänden über Hilfswerke bis hin zu geistlichen Gemeinschaften reichen, werden die Vertreter der Diözesanräte von diesen entsandt: Neben den 27 Bistümern Deutschlands gehört dazu auch der Katholikenrat beim Militärbischofsamt. Seit 2013 können außerdem die muttersprachlichen Gemeinden in Deutschland insgesamt drei Vertreter ins ZdK entsenden. Die 45 Einzelpersönlichkeiten werden von den übrigen ZdK-Mitgliedern gewählt.

Thomas Sternberg (CDU) wurde bei der Herbstversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.
Bild: ©picture alliance/dpa

Rund 230 Mitglieder gehören dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken an. Sie vertreten die Laien in den Diözesen und Verbänden oder wurden als Einzelpersönlichkeit hinzugewählt.

Die Zusammenarbeit mit der Bischofskonferenz ist – ebenfalls seit der Würzburger Synode – institutionell abgesichert. Neben dem "Geistlichen Assistenten", der die Bischofskonferenz in den Gremien des ZdK vertritt – zur Zeit ist das der Hamburger Erzbischof Stefan Heße –, gibt es die Einrichtung der "Gemeinsamen Konferenz": Das paritätisch von Bischöfen und ZdK-Vertretern besetzte Gremium dient der besseren Koordinierung der Tätigkeit von Bischöfen und Laien. Wenn auch ohne die Möglichkeit von bindenden Beschlüssen, beraten die Konferenzteilnehmer Themen von überdiözesaner Bedeutung.

Immer wieder Reibung

Trotz dieser guten Kontakte war die Zusammenarbeit zwischen Bischofskonferenz und Zentralkomitee nicht immer harmonisch. Besonders im Streit um den Ausstieg der Kirche aus der Schwangerenkonfliktberatung wurde das deutlich: Im Jahr 1999 verfügte der Vatikan, dass kirchliche Beratungsstellen keine Beratungsscheine mehr ausstellen dürfen, die eine straffreie Abtreibung in Deutschland ermöglichen. Prominente ZdK-Mitglieder gründeten daraufhin mit "Donum vitae" einen privaten Verein, der seitdem Konfliktberatung mit Schein anbietet. Dieser ist zwar vom ZdK unabhängig, die Mitgliedschaft vieler ZdK-Mitglieder sorgte aber immer wieder für Reibung mit einzelnen Bischöfen und der Bischofskonferenz. Die Zustimmung zu Alois Glücks Wahl zum ZdK-Präsidenten wurde davon abhängig gemacht, dass er seine Mitgliedschaft bei "Donum vitae" ruhen lässt.

Der vormalige bayerische Landtagspräsident selbst kam nach einer weiteren Belastungsprobe zwischen Bischofskonferenz und ZdK ins Amt: Ohne Angabe von Gründen hatte der ständige Rat die Zustimmung zur Wahl Heinz-Wilhelm Brockmanns zum ZdK-Präsidenten verweigert. Der damalige Vizepräsident war eines der Gründungsmitglieder von "Donum vitae". Seither haben sich die Wellen gelegt. Beim Regensburger Katholikentag 2014 (Motto: "Mit Christus Brücken bauen") konnte "Donum vitae" im Rahmen einer Podiumsdiskussion über Schwangerenkonfliktberatung erstmals im offiziellen Programm auftreten.

Die Kräfte bündeln

Auch wenn die Zeit der großen Zerwürfnisse vorbei zu sein scheint: Immer wieder fasst das Zentralkomitee kontroverse Beschlüsse und scheut dabei auch nicht den Widerspruch gegenüber den Bischöfen: Diakonat der Frau, Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion, Segnung gleichgeschlechtlicher Paare – das alles zählt zu den Forderungen der Laienorganisation.

Auf der Agenda des derzeitigen ZdK-Präsidenten Thomas Sternberg steht zudem eine Bündelung der Kräfte in der Kirche. Bereits kurz nach seiner Wahl 2015 erklärte er, er fände es gut, "wenn wir unsere Kräfte nicht weiter in innerkirchlichen Streitigkeiten verschleißen müssen und dass einige kirchliche Streitthemen möglichst rasch vom Tisch kommen". Sein jüngster Vorstoß, auch die "liberalen" und "konservativen" Kräfte in der Kirche in Gestalt von "Wir sind Kirche" und "Forum deutscher Katholiken" im ZdK zu beteiligen, hat bislang jedoch keine Früchte getragen.

Von Felix Neumann