Im Sarg oder in der Urne?
Pro: Asche zu Asche, Staub zu Staub
Wer sich für eine Feuerbestattung entscheidet, der ist Ästhet, denn er überspringt mit der Kremation die langsame Metamorphose seiner sterblichen Reste von Fleisch zu Erde und lässt sich gleich als solche beerdigen. Aber es spricht weiteres dafür – und es ist durch die Kirche schon lange nicht mehr verboten: Eine Einäscherung des Leichnams berühre nicht die Seele und hindere nicht die Allmacht Gottes, den Leib aufzuerwecken. "Sie beinhaltet deshalb an sich nicht die Leugnung der christlichen Lehre über die Unsterblichkeit der Seele und die Auferstehung des Leibes", heißt es in der Instruktion "Ad resurgendum cum Christo" der vatikanischen Glaubenskongregation von 2016. Sofern Kremationen und Urnenbestattungen nicht aus Gründen erfolgen, die der christlichen Glaubenslehre widersprechen, steht einer kirchlichen Trauerfeier also nichts entgegen.
Die Sorge, Feuerbestattungen würden nicht in angemessener Weise "der Ehrfurcht und Achtung, die den Leibern der Verstorbenen gebührt", entsprechen, wie es die Kirche vorschreibt, ist ebenso unbegründet. Die Möglichkeiten für die Angehörigen, sich in Würde von dem Verstorbenen zu verabschieden, sind genauso vielfältig wie die bei einer Erdbestattung: Die Trauerfeier kann vor der Kremation mit dem Sarg stattfinden, oder danach, mit der Urne. Der Sarg kann zur Verbrennung begleitet werden, ebenso danach die Urne zum Grab. Und auch bei Grab und Urne gibt es verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten.
Was auch für eine Feuerbestattung spricht: Jeder, der sich über seine Bestattung Gedanken macht, wird zwangsläufig auch an die Kosten und den Aufwand für die Hinterbliebenen denken. Da hat die Feuerbestattung einige Vorteile. Je nach Gestaltung kann die Feuerbestattung deutlich günstiger sein als eine Erdbestattung. Auch lässt sich das Urnengrab, schon allein wegen seiner geringeren Größe, einfacher pflegen als ein Reihengrab – oder man wählt gleich die Bestattung in einem Kolumbarium. Dazu kommt, dass Urnen leichter und kostengünstiger als Särge überführt werden können. Das kommt Familien entgegen, die vielleicht nicht mehr in der Nähe wohnen, aber dem Verstorbenen nahe sein und ihn auf einem Friedhof in ihrer Umgebung beisetzen wollen.
Contra: Der Sarg gibt Hoffnung
Mir kann es dann ja egal sein, wenn es soweit ist: "Denn wir haben hie keine bleibende Statt, sondern die zukünftige suchen wir", zitiert Brahms in seinem "Deutschen Requiem" den Hebräerbrief. Die Frage nach der Art der Beerdigung betrifft vor allem die Hinterbliebenen – und natürlich geht es da auch um praktische Erwägungen: Ein Urnengrab ist klein, günstig, ohne großen Aufwand in der Pflege; im besten Fall kommt die Urne in ein Regalfach in einem Kolumbarium und das war's.
Insofern kann es ein Dienst an den Hinterbliebenen sein, möglichst ohne Aufwand verstorben zu sein. Aber ist dieser pragmatische Akt für die Allgemeinheit wirklich das Wichtigste?
Wie so oft gilt auch im Tod: Liturgische Handlungen sind nicht praktisch, sondern sinnvoll. Tote zu bestatten ist ein Werk der Barmherzigkeit - nicht nur gegenüber den Verstorbenen, sondern auch gegenüber den Hinterbliebenen. Die Liturgie des Begräbnisses, das über die Zeit gewachsene Ritual, stärkt auch die, die des Toten gedenken und für ihn beten, in ihrem gemeinsamen Glauben, Dass der Tod nicht das Ende ist. "Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?"
In diesem Geist wird der Sarg mit dem Toten zu Grabe getragen, nicht einfach nur ein nutzlos gewordener Körper effizient aufbewahrt. Die Trauerfeier, die mit der Beerdigung endet, und nicht mit dem Abtransport des Leichnams ins Krematorium oder mit dem Einstellen einer Urne in ein noch so sinnfällig gestaltetes Kolumbarium oder Urnenfeld, verweist darauf, dass wir auf die leibliche Auferstehung hoffen: Der Abschluss des irdischen Lebens schließt zugleich die Hoffnung aufs Kommende ein.
Dass der irdische Leib (und nicht nur Asche) zu Grabe getragen wird, ist keine Notwendigkeit. Die Auferstehung von der Einhaltung irgendeiner Former abhängig zu machen, wäre magisches Denken. Aber es ist ein Zeichen, dass Christus den Tod überwunden hat und trägt hoffentlich dazu bei, dass die Trauernden sich an diese Hoffnung erinnern.