Festgottesdienst in Münchener Liebfrauendom mit Kardinal Marx

Seligsprechungsprozesse für Gerlich und Guardini eröffnet

Veröffentlicht am 17.12.2017 um 11:59 Uhr – Lesedauer: 
Selige

München ‐ Das Verfahren im Erzbistum München-Freising soll mehrere Jahre dauern. Die Beteiligten - darunter Kardinal Reinhard Marx - schworen zu Beginn einen Eid, in dem sie ein feierliches Versprechen ablegten.

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Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat am Wochenende zwei Seligsprechungsprozesse eröffnet. Sie gelten dem NS-kritischen Publizisten Fritz Gerlich (1883-1934) und dem Religionsphilosophen Romano Guardini (1885-1968). Bei einem Festgottesdienst im Münchner Liebfrauendom wurden die Hauptbeteiligten des Verfahrens vereidigt, darunter der Kardinal selbst. Für die nötigen Untersuchungen rechnet das Erzbistum mit mehreren Jahren. Die letzte Entscheidung trifft der Papst.

Kardinal Marx schwört Eid

Der Erzbischof bezeichnete beide Männer als inspirierende Wahrheitssucher und Zeugen des Evangeliums. Selig- und Heiligsprechungsprozesse seien nicht nur rechtliche Akte der Kirche, sondern dienten auch ihrer Selbsterkenntnis und Glaubwürdigkeit.

Mit der Hand auf der Bibel schwor Marx, während der Untersuchung "frei bleiben zu wollen von Kompromissen und Beeinflussungen". Die mit dem Prozess Beauftragten beeideten, nichts zu unternehmen, was die Wahrheit, Gerechtigkeit oder Freiheit der Zeugen einengen könnte.

Der Kardinal empfahl Gerlich als Vorbild für Journalisten. Dieser habe klarer als viele andere erkannt, "was die Stunde geschlagen hat mit der braunen Herrschaft". Der gebürtige Stettiner war in München zeitweise Chefredakteur des Vorgängerblatts der "Süddeutschen Zeitung". Unter dem Eindruck der Begegnung mit der Oberpfälzer Mystikerin Therese Neumann in Konnersreuth konvertierte der Calvinist zum Katholizismus.

Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz
Bild: ©dpa

Kardinal Reinhard Marx hat die Seligsprechungsprozesse für Fritz Gerlich und Romano Guardini eröffnet.

Ab Sommer 1931 versuchte Gerlich in einer eigenen Wochenzeitung, mit scharfen publizistischen Attacken Adolf Hitlers Griff nach der Macht zu verhindern. Im März 1933 wurde er verhaftet, gefoltert und nach 16 Monaten ohne Anklage im Konzentrationslager Dachau erschossen.

Auch Romano Guardini habe einen klaren Blick auf das gehabt, "was die Ideologien des 20. Jahrhunderts den Menschen angetan haben", sagte Marx. Darüber hinaus habe der gebürtige Italiener und Mainzer Diözesanpriester die Wahrheit Gottes in Theater, Kunst und Literatur erkennen wollen.

Der Kardinal verwies darauf, dass Papst Franziskus Guardini außerordentlich schätze. In seinen Apostolischen Schreiben hat Franziskus ihn mehrfach zitiert. 1986 kam Jorge Mario Bergoglio für mehrere Monate aus Argentinien nach Deutschland, um sich für eine letztlich nicht durchgeführte Promotion mit dem Werk des Theologen zu beschäftigen. Dem Vernehmen nach hat der Papst Marx ermuntert, das Seligsprechungsverfahren zügig zu führen.

Einer der einflussreichsten Denker

Guardini gilt als einer der einflussreichsten katholischen Denker des 20. Jahrhunderts. Mit seinem Engagement für liturgische Erneuerung und Jugendseelsorge bereitete er den Weg für die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965). In Berlin, Tübingen und München hatte er über Jahrzehnte speziell auf ihn zugeschnittene Lehrstühle inne. (KNA)