Ziel: Druck machen
Frage: Herr Rabbe, warum ruft das "Bündnis UmFAIRteilen" für diesen Samstag zu bundesweiten Demonstrationen auf?
Rabbe: Der Hintergrund ist eindeutig: Die öffentlichen Haushalte sind hoch verschuldet, zum Teil auch wegen der Finanzkrise. Länder und Kommunen müssen sparen. In der Konsequenz bedeutet das, dass im sozialen Bereich, bei Kultur, Sport und Bildung gekürzt werden oder vieles ganz wegfallen soll. Das "Bündnis UmFAIRteilen" sagt dagegen: Wir können die Verschuldung nicht nur über Sparprogramme regeln, wir brauchen mehr Einnahmen. Und statt nur bei den kleineren und mittleren Einkommen zu sparen, müssen auch die Reichen stärker besteuert werden, beispielsweise über eine Vermögenssteuer oder mit einer einmaligen Vermögensabgabe.
Deshalb findet dieser Aktionstag statt, deshalb hat sich das Bündnis gegründet, damit das Thema bis ins Bundestagswahljahr 2013 getragen wird. Es werden weitere Aktionen vom Bündnis kommen. Nicht nur in Köln, Frankfurt, Hamburg und Berlin haben sich lokale Gruppen gegründet, sondern auch in vielen anderen Städten wie Osnabrück, Erfurt, Paderborn oder Bielefeld, von wo aus Druck auf die Politik gemacht wird.
Frage: Haben Sie sich denn im Vorfeld auch um Unterstützung aus den Parteien bemüht?
Rabbe: In Nordrhein-Westfalen, aber auch auf Bundesebene haben sich mehrere Parteien den Forderungen und dem Bündnis angeschlossen: die Grünen, die Linke und auch die SPD. Aber auch die saarländische CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer hat gesagt, dass sie nur mit steuerlichen Mehreinnahmen ihr Bundesland über Wasser halten kann. Das zeigt, dass im politischen Feld einiges passiert. Die Vermögenssteuer ist ja nichts Neues, es gab sie bereits bis 1996. Dennoch gibt es heute politische Hürden. Aber das Bündnis ist sich sicher, dass es zu einer Vermögensteuer kommen wird – egal ab welcher Höhe.
Frage: Die KAB hat also noch keine konkreten Vorstellungen, ab wann man vermögend ist…
Rabbe: Die KAB hatte als Grenze Vermögen ab 500.000 Euro pro Person vorgeschlagen. Aber da gibt es unterschiedliche Ansichten; die Gewerkschaft ver.di zum Beispiel geht von einer Million Euro pro Person aus. Am Ende muss die Politik entscheiden, wie sie das Gesetz formuliert.
Frage: Ist es vom christlichen Standpunkt aus denn vertretbar, die Vermögenden durch eine Extra-Steuer zur Zahlung zu zwingen?
Rabbe: Ja. Schon Jesus sagte: "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist."
Bündnis UmFAIRteilen
Das Bündnis ist ein Zusammenschluss aus zahlreichen Gruppierungen in Deutschland, die sich für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer einsetzen. Ziel ist es, den Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise dadurch entgegenzuwirken, dass Menschen mit großem Privatvermögen verstärkt zur Kasse gebeten werden. Das Bündnis organisiert an diesem Samstag in mehreren deutschen Städten den Aktionstag.Frage: Meinte er das nicht auf freiwilliger Basis?
Rabbe: Er sagte nicht "gebt vielleicht", sondern "gebt". Das kann man auch als Imperativ verstehen. Gesellschaftliche und soziale Teilhabe muss jedem ermöglicht werden. Umgekehrt müssen auch alle beteiligt werden, müssen sich solidarisch erklären mit dieser Gesellschaft. Das bedeutet, es geht nicht um bloße Almosen, sondern um eine Solidarität, die gebunden ist. In diesem Fall durch eine gesetzliche Steuer. Schließlich profitieren alle, auch die Reichen, von der Infrastruktur in diesem Land, ob im sozialen, kulturellen oder im Bildungsbereich. Dort erleben wir seit vielen Jahren einen Investitionsstau, weil den Ländern und Kommunen das Geld fehlt. Im Jugendbereich haben die Kürzungen der vergangenen Jahre dazu geführt, dass ganze Strukturen bereits zerstört wurden.
Frage: Die Vermögenssteuer ist 1996 nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts auch am Gleichheitssatz des Grundgesetzes gescheitert. Damals hieß es, dass eine unterschiedliche steuerliche Belastung von Grundbesitz und sonstigem Vermögen durch eine Vermögensteuer nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Wieso sollte sich an dieser Beurteilung inzwischen etwas geändert haben?
Rabbe: Bis 1996 hat die Steuer funktioniert und wurde damals auch aus politischen Gründen abgeschafft. Mittlerweile haben mehrere Rechtsgutachten eindeutig belegt, dass das Grundgesetz mindestens einer einmaligen Vermögensabgabe nicht im Wege steht.
Frage: Sie haben von weiteren Aktionen des Bündnisses gesprochen. Gibt es dafür schon konkrete Pläne?
Rabbe: Für das kommende Jahr ist eine große Konferenz zum Thema Umverteilung geplant. Das Kölner Bündnis wird sich zudem im Anschluss an den bundesweiten Aktionstag zusammensetzen und ausloten, inwieweit das Thema weiter in die Öffentlichkeit getragen werden kann. Derzeit ist das Interesse sehr hoch und wir wünschen uns natürlich, dass das so bleibt.
Frage: Mit wie vielen Leuten rechnen Sie an diesem Samstag?
Rabbe: Wir haben am Anfang mit 5.000 Teilnehmern geplant, aber das Interesse ist sehr groß und das Bündnis in Köln und in anderen Städten ist stark gewachsen, so dass wir mittlerweile bei gutem Wetter von mindestens 10.000 Teilnehmern ausgehen. In Köln wird der Demonstrationszug am Bankenviertel vorbei durch die Innenstadt ziehen. Vielleicht beteiligen sich daran sogar die katholischen Verbände, die zeitgleich ihre Domwallfahrt unter dem Motto "Arbeit geht vor Kapital" durchführen.
Das Interview führte Stefan Knopp