"Die Regierung begünstigt keine pädophilen Priester"
Die Meldung der "Gazeta Wyborcza" ließ aufhorchen: In einer öffentlichen Datenbank des polnischen Justizministeriums über Kinderschänder fehlten alle 56 betroffenen Priester. Der Vorwurf: Die Kirche werde unrechtmäßig vom Staat bevorzugt. Auch katholisch.de berichtete darüber. Im Interview klärt Adam Zak, Kinderschutzkoordinator der Polnischen Bischofskonferenz, die Anschuldigungen nun als Missverständnis auf.
Frage: Herr, Zak, begünstigt die polnische Regierung pädophile Priester?
Zak: Nein, diese Meldung ist falsch. Die polnische Regierung begünstigt pädophile Priester keineswegs. Denn das angesprochene Register hat zwei Teile. Der erste Teil, der öffentlich und für alle Bürger einsehbar ist, enthält Sexualstraftäter, die rechtskräftig für schwerste sexuelle Verbrechen verurteilt wurden und erneut straffällig geworden sind, Wiederholungstäter also. Der zweite, umfangreichere Teil des Registers, der nur für Arbeitgeber einsehbar ist, listet die übrigen Sexualstraftäter auf. Da kein katholischer Priester in die Kategorie der rechtskräftig für schwerste Verbrechen verurteilten Wiederholungstäter fällt, ist im ersten Teil des Registers kein Geistlicher aufgelistet. Dass bedeutet, dass sich aber dann im zweiten nichtöffentlichen Teil des Registers sehr wohl die Namen der straffällig gewordenen pädophilen Priester befinden. Von einer Begünstigung von katholischen Geistlichen durch die Regierung kann somit nicht die Rede sein.
Frage: Wie kommt die Zeitung "Gazeta Wyborcza"dann dazu, dies zu behaupten?
Zak: Die liberale Zeitung ist sehr regierungskritisch. Sie witterte offenbar eine weitere Gelegenheit, um die Regierung in Warschau zu attackieren.
Frage: Und was ist mit der Opferinitiative, von der der Vorwurf und die Zahlen stammen?
Zak: Leider haben wir sehr schwachen Kontakt zu dieser einzigen Organisation der Opfer sexuellen Missbrauchs in Polen. Ihr Leiter ist sehr emotional. Das ist verständlich, macht die Zusammenarbeit aber nicht einfacher. Die von der Organisation angegeben Zahlen dürften in etwa stimmen. Allerdings umfassen sie wohl auch die Fälle, in denen das Strafverfahren bislang noch nicht abgeschlossen ist.
Frage: Ob nun Priester betroffen sind oder nicht, ist ein solch öffentliches Register akzeptabel für die katholische Kirche in Polen?
Zak: Der zweite, nur für Arbeitgeber zugängliche Teil des Registers ist sinnvoll, weil er tatsächlich dem Schutz von Minderjährigen dient. Der erste und öffentliche Teil des Registers ist jedoch ethisch problematisch. So wie er konstruiert ist, verletzt er die Menschenrechte der betroffenen Täter. Auch sie hören ja nicht auf Menschen zu sein.
Frage: Ist sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche in Polen ein Tabu-Thema?
Zak: Nein, ein Tabu-Thema ist es nicht mehr. Aber man kann sagen, dass es in der Kirche - und zwar von Priestern und Laien - immer noch defensiv betrachtet wird. Es gibt einerseits Entschiedenheit im Kampf gegen sexuellen Missbrauch, andererseits aber immer noch einen Hang zur Vertraulichkeit. Wir haben hier in den vergangenen Jahren durch Schulungen und die Ernennung von Missbrauchsbeauftragten in den Bistümern aber schon einige Fortschritte erzielt.
Erklärung des Sprechers der polnischen Bischofskonferenz
Als Reaktion auf die Anschuldigung, polnische Priester tauchten fälschlicherweise nicht in der Datenbank von Kinderschändern auf, erklärt Pater Pawel Rytel-Andrianik, der Sprecher der Polnischen Bischofskonferenz: "Die Kirche lehnt den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen entschieden ab. Dies ist eine Sünde und ein Verbrechen. In dieser Hinsicht gibt es volle Transparenz." Dies sei bereits in einem Dokument vom 9. Oktober 2013 unterstrichen worden ist, in dem die polnischen Bischöfe deklarierten, dass es keine Toleranz für Pädophilie gebe - sei es unter Geistlichen oder Laien.
Zudem habe die Bischofskonferenz Richtlinien, zum Schutz von Minderjährigen entwickelt, die konsequent angewendet würden. Im Jahr 2014 sei an der Ignatianum-Akademie in Krakau ein Kinderschutzzentrum eingerichtet worden, das Studien auf dem Gebiet der Prävention und Kindesschutz sowie regelmäßige Schulungen durchführe. Diese hätten bisher etwa zweitausend Menschen besucht. Darüber hinaus habe die Polnische Bischofskonferenz ein Dokument über die Prävention von sexuellem Missbrauch verabschiedet. In allen Diözesen gebe es Kinder- und Jugendschutzdelegierte.