Parlament überweist Anträge - Kirche hat klare Meinung

Bundestag streitet über Familiennachzug

Veröffentlicht am 19.01.2018 um 13:40 Uhr – Lesedauer: 
Flüchtlinge

Berlin ‐ Sollen auch Flüchtlinge mit begrenztem Schutzstatus ihre engsten Angehörigen nachholen dürfen? Darüber streiten die Parteien seit Monaten. Die katholische Kirche hat zu der Frage eine klare Meinung.

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Der Bundestag hat mehrere Gesetzentwürfe und Anträge zum Familiennachzug für Flüchtlinge mit geringerem Schutzstatus beraten. Die Entwürfe von Union und FDP sowie der Antrag der Grünen wurden am Freitag nach heftiger Debatte an den Hauptausschuss überwiesen, ein Gesetzentwurf der Linken ohne Debatte gleichermaßen. Die Entwürfe von Union und FDP plädieren für eine temporäre Verlängerung der Aussetzung bis zu einer Neuregelung. Grüne und Linke wollen den Familiennachzug wieder zulassen. Der AfD-Entwurf, der den Nachzug für Flüchtlinge verbieten will, war bereits am Donnerstag beraten und an den Innenausschuss überwiesen worden.

Die Bundesregierung hatte 2015 auch Flüchtlingen mit dem sogenannten subsidiären Schutz den Nachzug enger Familienangehöriger gestattet. Wegen des hohen Flüchtlingsandrangs setzte sie dies aber schon Mitte März 2016 für zwei Jahre wieder aus. Betroffen sind vor allem Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien und dem Irak. Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) warb am Freitag für die geplante weitere Aussetzung bis zum Sommer und den danach vorgesehenen "begrenzten, gesteuerten und gestaffelten Nachzug".

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Video: © katholisch.de

P. Frido Pflüger SJ vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst fordert im katholisch.de-Interview eine menschlichere Asylpolitik und eine stärkere Unterstützung von Willkommensinitiativen für Flüchtlinge in Deutschland.

"Dauerhafte bloße Aussetzung ist keine Lösung, dauerhaftes Erlauben ist auch keine Lösung", so de Maiziere. Daher sei die in den Sondierungsgesprächen mit der SPD gefundene "maßvolle Lösung", maximal 1.000 Nachzügler pro Monat unter gewissen Bedingungen zu erlauben, sinnvoll. Diese Lösung "soll bis zum 31. Juli 2018 erarbeitet werden", heißt es in der Vorlage. Voraussetzung ist, dass die SPD auf ihrem Parteitag am Sonntag für eine Aufnahme von Koalitionsgesprächen stimmt.

AfD kritisiert "pervertiertes Asylrecht"

Die SPD-Politikerin Eva Högl bekräftigte, dass ihre Fraktion der Unions-Vorlage nur zustimme, wenn der Stichtag 31. Juli "ganz fest verankert wird". Zudem müssten alle Anträge derer, die von der Aussetzung betroffen seien, bereits ab Mitte März wieder bearbeitet werden.

Der AfD-Abgeordnete Martin Sichert sprach von einem pervertierten Asylrecht der Bundesregierung. Trotzdem werde die AfD dem Unions-Vorschlag zustimmen, der ja zunächst auch ohne Frist den Familiennachzug unterbinde. Die FDP setzt sich im eigenen Gesetzentwurf zwar ebenfalls für eine weitere Aussetzung auf zwei Jahre ein, will aber im Härtefall den Nachzug ermöglichen und eine Neuregelung in einem Einwanderungsgesetz schaffen. "Wir brauchen Zeit, um dieses große Thema insgesamt und endgültig neu zu ordnen", sagte der FPD-Politiker Stephan Thomae. Die Zahl von 1.000 Personen pro Monat sei völlig aus der Luft gegriffen.

Bild: ©katholisch.de

Sprach sich für den Familiennachzug für Flüchtlinge mit geringerem Schutzstatus aus: Bischof Franz-Josef Bode.

Grüne und Linke fordern, den Familiennachzug wieder ohne Einschränkung zu gestatten. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt nannte die Zahl von 12.000 im Jahr unrealistisch und unbegründet. "Man muss nicht Papst Franziskus heißen, um sich zu fragen, wo bleibt das Mitgefühl", so Göring-Eckardt.

Kirchenvertreter für Familiennachzug

Vertreter der katholischen Kirche hatten sich in den vergangenen Wochen wiederholt für den Familiennachzug ausgesprochen. "Natürlich können nicht alle gleich mit Großfamilien kommen, insbesondere wenn der langfristige Status des jeweiligen Flüchtlings noch ungeklärt ist", sagte der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode am Jahresanfang in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Wenn wir aber jemanden aufgenommen haben, muss es auch möglich sein, dass sein nahes Umfeld, die Kernfamilie, daran teilhat." Bode wandte sich gegen "vermeintlich einfache" Lösungen. "Diese Dinge sind komplex. Man muss dazu die Lage in den Herkunftsländern betrachten, aber auch die der einzelnen Menschen."

Auch der Hamburger Erzbischof Stefan Heße hatte die Haltung der katholischen Kirche Anfang Januar bekräftigt: "Wenn Christen den hohen Stellenwert der Familie betonen, dann darf dies keine Schönwetterveranstaltung sein", betonte der Flüchtlingsbeauftragte der Bischofskonferenz in der Zeitung "Die Tagespost". (stz/KNA)