Wenn Ordensfrauen wie Aschenputtel behandelt werden
Wer hätte das gedacht, dass die Zeitung des Papstes einmal zum vatikanischen "Spiegel" würde; dass der "Osservatore Romano" die Ausbeutung von Ordensfrauen durch katholische Priester enthüllt; dass im offiziösen Sprachrohr des Heiligen Stuhls ein Text veröffentlicht wird, dessen Protagonistinnen zum eigenen Schutz nur mit Decknamen genannt werden. Gewiss: Es ist leider keine Neuigkeit, dass immer noch viele Ordensfrauen tagein tagaus für Geistliche putzen, waschen und kochen – und behandelt werden wie Aschenputtel. Doch dass sich nun die vatikanische Tageszeitung dieses lange tabuisierten Themas annimmt, darf man getrost eine Sensation nennen. Umso mehr, weil die Ordensfrauen-Haushälterinnen-Dichte wohl nirgends so hoch ist wie in Rom.
Doch nicht nur einzelne Schwestern werden schlecht behandelt. Frauenorden insgesamt haben in der katholischen Kirche kaum ein Mitspracherecht. Und das, obwohl es deutlich mehr Ordensfrauen als Priester gibt. So nahm an der Weltbischofssynode zu Ehe und Familie 2015 – bei 270 stimmberechtigten Mitgliedern – keine einzige Ordensfrau teil, die Männerorden waren hingegen mit zehn Oberen vertreten. Dass Franziskus immer wieder fordert, die Stimme der Frauen in der Kirche müsse mehr Gewicht bekommen, war in diesem Fall wohl kein ausreichendes Argument.
Kein Ruhmesblatt für die Männer-Kirche
Das ist wahrlich kein Ruhmesblatt für die Männer-Kirche, aber auch für manche weibliche Ordensleitung, die dem klerikalen Machismo durch eine allzu servile Haltung zuarbeitet. Aber es ist auch kein Ruhmesblatt für all jene, die nicht müde werden, eine fortwährende Diskriminierung von Frauen in der Kirche anzuprangern. Warum hat man von ihnen bislang so wenig über das Leid der Ordensfrauen gehört?
Feministinnen, katholische Frauenverbände und andere Katholiken, die sich als fortschrittlich empfinden, fordern vollmundig, mehr Frauen in kirchlichen Führungspositionen, das Diakonat der Frau oder gar weibliche Priester, doch die schäbige Behandlung vieler Ordensfrauen scheint kaum der Rede wert zu sein. Dabei liegt hier ganz unstrittig etwas im Argen – und es ließe sich auch sofort etwas ändern. Man müsste nicht erst Arbeitsgruppen aus Kirchenhistorikern und Dogmatikern jahrelang konferieren lassen, um eine mögliche Änderung des Status quo zu überprüfen, wie jetzt im Fall des Frauendiakonats.
Wie kommt es zu dieser Schieflage? Gelten die Ordensfrauen, die heute noch ihre Lebensaufgabe darin sehen, Priestern den Haushalt zu führen, damit die sich ganz auf ihre Arbeit konzentrieren können, als ohnehin hoffnungslos rückständig? Ist das Thema vielleicht nicht schick genug? Wir jedenfalls würden uns wünschen, eine solche Reportage, wie sie jetzt im "Osservatore Romano" erschienen ist, auch mal in der "Emma" und der "Frau und Mutter" zu lesen. Oder - ganz selbstkritisch - bei uns auf katholisch.de.