98-jährige Teamseelsorgerin begeistert die Fans

Ordensfrau wird zum Star der Basketball-Welt

Veröffentlicht am 23.03.2018 um 13:30 Uhr – Lesedauer: 
Sport

Bonn ‐ Bei der US-College-Basketballmeisterschaft stehen normalerweise die Spieler im Mittepunkt. Nicht jedoch in diesem Jahr: Denn die 98-jährige Ordensfrau Sister Jean stiehlt allen die Show.

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Als "March Madness" – zu Deutsch "Märzwahnsinn" – bezeichnen die Amerikaner die alljährliche Meisterschaft im College-Basketball. Und besonders verrückt ist, dass beim diesjährigen Turnier nicht etwa einer der Spieler im Fokus steht, sondern eine Ordensfrau: Sister Jean ist der Star des Turniers. Dabei ist Schwester Jean Dolores Schmidt von den Schwestern der Nächstenliebe der allerseligsten Jungfrau bereits 98 Jahre alt und auf einen Rollstuhl angewiesen.

Alter und Gebrechlichkeit halten Sister Jean jedoch nicht davon ab, bei jedem Spiel ihrer Mannschaft dabei zu sein. Denn seit 22 Jahren ist die Ordensfrau Seelsorgerin des Basketball-Teams der Loyola-Universität in Chicago. Die Basketballer der Jesuitenuni feiern beim "March Madness" derzeit eine überraschende Siegserie. In der Nacht auf Freitag deutscher Zeit zogen die "Ramblers" mit einem Sieg in letzter Sekunde in die Runde der letzten acht Mannschaften ein. Bis in die "Elite Eight" waren sie zuletzt 1963 vorgestoßen.

Barack Obama twittert über Sister Jean

Mit den Spielern ist nun auch Sister Jean in aller Munde. Landesweite Medien bis hin zur "New York Times" berichten über sie und ihr Leben. Nach einem Überraschungssieg twitterte gar Ex-Präsident Barack Obama Glückwünsche an die Ordensfrau. Zeitweise war die 98-Jährige das am meisten diskutierte Thema in den US-Social-Media.

Wie es dazu kam, wisse sie selber nicht, bekannte die Ordensfrau am Dienstag gegenüber dem Fernsehsender ABC. Plötzlich spreche sie jeder an und möchte ein Foto mit ihr machen. Auch per Telefon oder E-Mail versuchten zahlreiche Fans sie zu erreichen, sagte Sister Jean. Darunter auch Menschen, die sie vor über 60 Jahren als Grundschüler unterrichtet hatte.

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Nachdem Schmidt 1937 in ihre Ordensgemeinschaft eingetreten war, absolvierte sie zunächst mehrere Schulabschlüsse in Los Angeles, heißt es auf der Seite ihrer Universität. Anschließend war sie als Lehrerin in Kalifornien und Illinois tätig. Seit 1961 arbeitete sie am Mundelein College, einer katholischen Hochschule für Frauen, die 1991 mit der Loyola-Universität fusionierte. Im Jahr 1994 beendete Sister Jean ihr Vollzeit-Arbeitsleben – um zwei Jahre später Teamseelsorgerin der Basketballer zu werden. Auch abseits der Sporthalle kümmert sich die Ordensfrau um das geistliche Leben auf dem Campus, indem sie etwa ignatianische Gebete anbietet oder in Prüfungsphasen Gebetskärtchen verteilt.

Wie wichtig Sister Jean für die Mannschaft ist, betonte der Sportdirektor der Uni, Steve Watson, in der Unizeitung "Loyola Phoenix" im Februar: "Wenn sie nicht da ist, gibt es definitiv eine Lücke." Das habe das Team sehr stark in den vorangegangenen Monaten gemerkt. Im November hatte sich Sister Jean bei einem Sturz Hüfte und Oberschenkel gebrochen. Fast ein Vierteljahr lang konnte die Ordensfrau danach nicht mehr persönlich zu den Spielen kommen. "Ich habe lange gebraucht, mich zu erholen. Aber ich darf auch nicht vergessen, dass ich 98 Jahre alt bin und keine 65 mehr", sagte sie im Februar, als sie erstmals wieder ein Spiel besuchte. "Es fühlt sich so gut an, zurück zu sein."

Sister Jean betet für den Sieg

Als Seelsorgerin hat Sister Jean dabei eine größere Aufgabe, als ihre Spieler nur anzufeuern. Vor jedem Spiel betet sie mit dem Team um ein verletzungsfreies Spiel und faire Schiedsrichter. Von übergroßer Feindesliebe sind ihre Gebete dabei allerdings wohl nicht geprägt. Die Webseite der Universität zitiert sie: "Ich bitte Gott, besonders gut zum Team von Loyola zu sein, damit am Ende des Spiels ein dickes "Sieger" für uns auf der Anzeigentafel steht."

Von Kilian Martin

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