Christoph Kreitmeir über das Sonntagsevangelium

Die Stimme der guten Hirten

Veröffentlicht am 21.04.2018 um 17:45 Uhr – Lesedauer: 
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Bonn ‐ Immer mehr etablieren sich autoritäre Regierungschefs, die ihre Macht missbrauchen. Unsere Zeit lechze nach Männern und Frauen mit Gute-Hirte-Qualität, meint Christoph Kreitmeir.

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Impuls von Christoph Kreitmeir

Wer einen wachen Blick auf die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse hat, stellt mit zunehmendem Unbehagen fest, dass sich weltweit mehr und mehr ein Typus politischer Regierungen und Machthaber etabliert hat, der einen Staat autoritär leitet, Macht missbraucht, Gesetze zu seinen Gunsten verändert, tief liegende Ängste des Volkes manipuliert, national, nationalistisch und protektionistisch argumentiert und handelt, mit Falschmeldungen arbeitet und zuerst und allein nur sein Land und seine eigenen Interessen im Auge hat. Russland, Türkei, China, Ungarn, aber auch die USA, Großbritannien und Polen zeigen mehr und mehr diese Verhaltensweisen, die ein Miteinander der Völker immer schwieriger machen.

Wie erlösend empfinde ich da dieses Wort von Jesus vom guten Hirten. Anders als ein bezahlter Knecht, der letztlich kein Interesse an den Schafen hat und sich aus dem Staub macht, wenn der Wolf und damit die Gefahr kommt, bleibt er in seiner Verantwortung für die ihm Anvertrauten.

Der gute Hirte im Sinne von Jesus arbeitet nicht aus Eigen- oder reinem Kleingruppeninteresse. Er engagiert sich, weil ihm die Schafe, ihr Wohl und Wehe, am Herzen liegen. Vielleicht gehören ihm die Schafe im Vergleich zum bezahlten Knecht. Vielleicht gehören sie ihm aber auch nicht. Und trotzdem kümmert er sich um sie.

Die Qualität eines guten Hirten zeichnet aus, dass er will, dass die ihm Anvertrauten wachsen und gedeihen können, dass sie neben und mit anderen Schafen und Schafherden genügend Raum, Nahrung und Schutz haben. Der gute Hirte kennt und hat noch andere Schafe, für die er verantwortlich ist. Diese kennen seine Stimme und hören auf sie, auch wenn sie ganz woanders sind.

Unsere Welt, unsere Zeit lechzt nach Männern und Frauen mit dieser Gute-Hirte-Qualität, die aus Neigung, Interesse, Liebe und Hingabe handeln. Diese Menschen gibt es, ihre Stimme wird nur leider selten gehört!

Sie kennen nicht nur ihre Gruppe, sie wirken auf alle Menschen mit gutem Willen ein. Ihre Stimme, die ihre Botschaft aus tieferen Quellen schöpft, wird so notwendig gebraucht: Gautama Buddha, Jesus von Nazareth, Mahatma Gandhi, Nelson Mandela, Mutter Teresa, der Dalai Lama, Rigoberta Menchu, Aung San Suu Kyi, Papst Franziskus und viele andere "gute Hirten und Hirtinnen" sind wie ein Medikament Gottes gegen Kleingeisterei, Machtmissbrauch und gefährliche Entwicklungen. Ihre völkerverbindende, zutiefst menschliche und friedensstiftende Stimme soll und muss wieder mehr gehört werden. Dann können auch wir unsere eigene Stimme gegen Unrecht und Unmenschlichkeit erheben.

Von Christoph Kreitmeir

Evangelium nach Johannes (Joh 10, 11-18)

Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe. Der bezahlte Knecht aber, der nicht Hirt ist und dem die Schafe nicht gehören, lässt die Schafe im Stich und flieht, wenn er den Wolf kommen sieht; und der Wolf reißt sie und jagt sie auseinander. Er flieht, weil er nur ein bezahlter Knecht ist und ihm an den Schafen nichts liegt.

Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich, wie mich der Vater kennt und ich den Vater kenne; und ich gebe mein Leben hin für die Schafe.

Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss ich führen, und sie werden auf meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben und einen Hirten. Deshalb liebt mich der Vater, weil ich mein Leben hingebe, um es wieder zu nehmen.

Niemand entreißt es mir, sondern ich gebe es aus freiem Willen hin. Ich habe Macht, es hinzugeben, und ich habe Macht, es wieder zu nehmen. Diesen Auftrag habe ich von meinem Vater empfangen.

Der Autor

Der Priester Christoph Kreitmeir arbeitet in der Klinikseelsorge am Klinikum Ingolstadt und in der Erwachsenbildung.

Ausgelegt!

Katholisch.de nimmt den Sonntag stärker in den Blick: Wie für jeden Tag gibt es in der Kirche auch für jeden Sonntagsgottesdienst ein spezielles Evangelium. Um sich auf die Messe vorzubereiten oder zur Nachbereitung bietet katholisch.de nun "Ausgelegt!" an. Darin können Sie die jeweilige Textstelle aus dem Leben Jesu und einen Impuls lesen. Diese kurzen Sonntagsimpulse schreibt ein Pool aus Ordensleuten und Priestern für uns.