Papstklinik drängt auf Verlegung von Alfie Evans
Die vatikanische Kinderklinik Bambino Gesu drängt auf eine Verlegung des britischen schwerkranken Kleinkinds Alfie Evans nach Rom. Ein Team stehe bereit, um den 23-monatigen Jungen, der an einem Abbau des Nervensystems leidet, aus Liverpool nach Italien zu bringen, teilte das Krankenhaus am Dienstag mit. Das Problem seien diplomatische Hürden, sagte die Leiterin des Bambino Gesu, Mariella Enoc, dem vatikanischen Informationsdienst Vatican News telefonisch aus Liverpool. Im Laufe des Tages erwarte sie eine Intervention des italienischen Botschafters in Großbritannien.
Italien hatte dem Jungen am Montag die Staatsbürgerschaft gewährt, um eine mögliche Verlegung des Kindes in eine italienische Fachklinik vorzubereiten. Außerdem sei dies ein "wichtiges politisches Signal", sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Die Initiative der italienischen Regierung sei nicht mit dem Vatikan abgestimmt, so der Sprecher weiter. Im Hintergrund stehe jedoch eine besondere "Sensibilität für die katholische Welt".
Die Kinderklinik-Leiterin Enoc sagte, Alfie Evans atme derzeit selbstständig mit Unterstützung durch eine Sauerstoffmaske. Jetzt zähle jede Stunde. "Ich weiß nicht, wie lange ein Kind durchhalten kann, nachdem es über Monate künstlich beatmet wurde", so die Medizinerin. Das medizinische Begleitteam könne mit dem Jungen nur dann starten, wenn es "ein diplomatisches Okay" gebe. Italiens Verteidigungsministerium will den Angaben zufolge ein Flugzeug bereitstellen.
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Papst Franziskus appellierte am Montagabend in einem Tweet, "dass auf das Leiden seiner Eltern gehört wird und ihre Bitte, neue Möglichkeiten der Behandlung zu versuchen, erfüllt wird". Franziskus hatte vergangene Woche den Vater des Kindes, Thomas Evans, im Vatikan empfangen. Nach dem Treffen ließ er der Klinikleiterin Enoc nach deren Worten auftragen, "das Mögliche und das Unmögliche" zu tun, um Alfie Evans in die Klinik Bambino Gesu zu bringen. Zugleich betonte Enoc am Wochenende, der Junge sei "nicht heilbar".
Da Ärzte weder eine genaue Diagnose noch eine Therapiemöglichkeit für die Erkrankung von Alfie Evans fanden, hatte das Oberste Gericht des Vereinigten Königreichs am Freitag verfügt, dass auch gegen den Willen der Eltern die intensivmedizinische Behandlung abgebrochen werden soll. Lebensschützer versuchten am Montag diesen Schritt mit Protesten vor der Alder-Hey-Klinik in Liverpool zu verhindern. Dabei kam es laut lokalen Medien auch zu Straßenblockaden und Rangeleien mit der Polizei.
Die britische Klinik teilte am Morgen per Twitter mit, ungeachtet der Polizeipräsenz laufe der Krankenhausbetrieb normal. Zum Schutz der Privatsphäre von Alfie Evans und seiner Familie wolle man keine Informationen über den aktuellen Zustand des Jungen herausgeben. Alfies Vater sagte britischen Reportern vor der Klinik jedoch ebenfalls, dass sein Sohn seit dem Abstellen der lebenserhaltenden Maßnahmen am Montagabend selbstständig atme und die Ärzte deshalb "baff" gewesen seien. Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am Montag einen Antrag der Eltern auf Fortführung der Maßnahmen abgelehnt. (bod/KNA/dpa)