Evangelische Kirche für Kompromiss beim Paragrafen 219
Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Martin Dutzmann, will einen Kompromiss im Streit um den Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches. Der untersagt "das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen" von Abtreibungen aus finanziellen Gründen oder wenn es "grob anstößig" geschieht.
In einem Beitrag für die Juni-Ausgabe der Freiburger "Herder Korrespondenz" vertritt Dutzmann die Ansicht, in der Logik des Schwangerschaftskonfliktgesetzes sei der Staat in der Pflicht, über Einrichtungen zu informieren, die Abbrüche vornehmen: "Warum sollten die Bundesländer nicht auch dafür Sorge tragen, dass den betroffenen Frauen eine Liste dieser Einrichtungen zur Verfügung gestellt wird?"
Die Listen sollten aber nicht online veröffentlicht, sondern den Beratungsstellen zugeleitet werden, um sie Frauen auszuhändigen, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen. Die katholische Kirche tritt für eine Beibehaltung des Paragrafen 219a ein. Ein allgemeines Informationsdefizit, von dem oft die Rede ist, gibt es aus ihrer Sicht nicht. Es bestehe die große Sorge, dass mit einer möglichen Aufhebung des Werbeverbots das mühsam ausgehandelte Gesamtkonzept rund um Schwangerenberatung und Abtreibungsverbot infrage gestellt werden könnte, so etwa der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Karl Jüsten.
Gesetzentwürfe liegen bereits vor
Anlass für die politische Debatte über den Paragrafen 219a war die Verurteilung einer Ärztin Ende 2017 wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche auf ihrer Internetseite. Der Paragraf soll verhindern, dass ein Schwangerschaftsabbruch als normale ärztliche Leistung dargestellt und kommerzialisiert wird. Zusammen mit der Beratungspflicht ist er Teil des Kompromisses zur Abtreibung nach der Wiedervereinigung. Dieser wurde 1993 vom Bundesverfassungsgericht bestätigt.
Eine Bundestagsanhörung von Sachverständigen zu einer möglichen Reform des Paragrafen ist für den 27. Juni geplant. Es liegen Gesetzentwürfe der Linken, der Grünen sowie der FDP vor. Die SPD hat ihren Gesetzentwurf, der eine Reform vorsieht, mit Rücksicht auf den Koalitionsfrieden nicht zur Abstimmung gestellt. Statt dessen einigte sich die Koalition darauf, dass das SPD-geführte Justizministerium einen neuen Vorschlag vorlegt. Nur die CDU und die AfD sind gegen eine Reform des Gesetzes. (bod/KNA)