Nach dem Tod von Alfie Evans veröffentlicht Bambino Gesu Kindercharta

Vatikan-Kinderklinik: Recht auf Behandlung im Ausland

Veröffentlicht am 06.06.2018 um 09:30 Uhr – Lesedauer: 
Krankheit

Rom ‐ Die vatikanische Kinderklinik Bambino Gesu wollte den todkranken Alfie Evans und Charlie Gard helfen. Aber eine Verlegung ins Ausland war nicht möglich. Nun veröffentlicht sie eine Kinderrechtscharta.

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Einen Monat nach dem Tod von Alfie Evans hat die vatikanische Kinderklinik Bambino Gesu eine "Charta der Rechte des unheilbar erkrankten Kindes" veröffentlicht. Darin steht unter anderem, dass das Kind das Recht habe, im Ausland behandelt zu werden. Die Papstklinik hatte im April darauf gedrängt, dass das schwerkranke Kleinkind Evans von Großbritannien nach Rom verlegt wird. Das Oberste Gericht des Landes hatte nach einem Rechtsstreit zwischen der behandelnden Liverpooler Kinderklinik und den Eltern den Abbruch der Behandlungen verfügt, woraufhin der Junge am 28. April starb.

"Dramatische Fälle wie die von Evans und Charlie Gard haben gezeigt, wie wichtig ein Dialog fernab ideologischer und juristischer Konflikte ist," sagte die Klinikdirektorin Mariella Enoc nach Angaben der Zeitung "La Repubblica". Der erste der zehn Punkte der Charta laute daher, dass es die bestmögliche Beziehung zwischen dem Kind und seiner Familie sowie den Ärzten und dem Krankenpersonal geben müsse. Weiter hätten die Betroffenen das Recht zu Gesundheitserziehung, zum Einfordern einer zweiten Meinung und dazu, die kompetenteste Diagnose sowie die beste experimentelle Behandlung zu erhalten.

Mariella Enoc, Bambino Gesu
Bild: ©picture alliance/abaca/Vandeville Eric

Mariella Enoc, Präsidentin der vatikanischen Kinderklinik Bambino Gesu.

Weiter schreibt die Klinik ein Recht des Kindes auf Kontinuität in Pflege und Palliativversorgung fest. Seine Person müsse auch in der letzten Lebensphase respektiert werden "ohne therapeutischen Eigensinn". Das Kind und die Familie hätten ein Recht auf psychologische und seelsorgerliche Begleitung sowie darauf, sich an den Aktivitäten rund um die Pflege, Forschung und Beherbergung zu beteiligen.

Für die "Charta der Rechte des unheilbar erkrankten Kindes" wurden Texte bereits bestehender italienischer und europäischer Leitlinien für Kinder in Krankenhäusern überarbeitet. Sie soll nach dem Willen der Klinik bestehende Chartas aktualisieren und um das Thema sterbenskranker Kinder ergänzen, etwa die der "European Association for Children in Hospitals (EACH)" aus dem Jahr 1988. Die EACH-Charta hat keine völkerrechtliche Bedeutung, wird aber von mehreren Fachverbänden und der Weltgesundheitsorganisation unterstützt. Sie wird von Nichtregierungsorganisationen genutzt, die Lobby-Arbeit in Krankenhäusern machen. Bambino-Gesu-Klinikleiterin Enoc kündigte an, das Dokument durch das Europäische Parlament an alle EU-Mitgliedsstaaten weiterzuleiten. Ob die Kinderklinik ihre Charta selbst bereits umsetzt, wurde nicht bekannt. (luk)