Schicksalsfragen der lateinischen Christenheit
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Einen Tag vor der "Überraschung" des Heiligen Vaters für Kardinal Marx hielt Dr. Franz Josef Overbeck beim "deutschen" Fronleichnamsfest in den Vatikanischen Gärten eine recht gewagte Predigt, zumindest für einen Orts-Bischof aus Essen, in dessen Bistum ja auch Gelsenkirchen liegt, mit dem Traditionsverein Schalke 04. Es klang schon nach einer Bilanz der Debatte über die Eucharistie innerhalb der deutschen Bischofskonferenz, wobei der Oberhirt von der Ruhr hier noch einmal klar machte, dass er in diesem Gremium mit Kardinal Marx zur Mehrheit gehört. So erwähnte er die deutsche Übersetzung des Begriffs Kommunion, brachte die Einheit der Christen ins Spiel, erwähnte die Ehepaare und das Ehesakrament und natürlich fehlte auch nicht der "Friede" in den Worten des Militärbischofs. Nachtigallen schlugen im Gebüsch über der Lourdes-Grotte.
Der Kernsatz indes, den der Bischof gefühlte 20 Mal in der Predigt wiederholte, lautete: "An Gott kommt keiner vorbei!" Lag es vielleicht daran, dass er mit 53 Jahren noch recht jung ist und sich darum vielleicht nicht mehr an das geflügelte Wort der 60er Jahre erinnert, als im Ruhrgebiet noch jeder wusste: "An Gott kommt keiner vorbei - außer Stan Libuda"? Reinhard Libuda war Schalkes Dribbelkönig jener Tage, als legendärer Rechtsaußen. Seit 1996 ist er allerdings auch selbst schon im Fußballhimmel und weiß seitdem besser, dass Bischof Overbeck Recht hat und nicht der Volksmund, Dribbelkünste hin oder her.
Darum wird auch die Debatte um die Eucharistie weitergeführt werden, bis sie zur letzten Frage in ihrer Mitte findet. Was glauben wir eigentlich, wenn der Priester sagt: "Seht das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünden der Welt"? Es ist die Gretchenfrage aller Ökumene und die Schicksalsfrage der lateinischen Christenheit, wo es um ihr Sein oder Nichtsein geht. In dieser Tiefe helfen weder Mehrheitsbeschlüsse noch Schwarmverhalten. Bei der Wahrheit endlich kommt keiner an Gott vorbei – auch nicht die Deutsche Bischofskonferenz.