Frauenpolitische Sprecherin: Hat nichts im Strafgesetzbuch zu suchen

Antrag geplant? Linke will Legalisierung von Abtreibungen

Veröffentlicht am 19.06.2018 um 09:35 Uhr – Lesedauer: 
Bundestag

Berlin ‐ Noch ist nicht einmal die Debatte um das Werbeverbot beendet, da will die Linke schon einen Schritt weitergehen: Abtreibungen haben im Strafgesetzbuch nichts zu suchen, sagt deren frauenpolitische Sprecherin.

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Die Linksfraktion will nach der Sommerpause offenbar einen Antrag in den Bundestag einbringen, der eine Legalisierung von Abtreibungen vorsieht. Die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Cornelia Möhring, sagte der "Tageszeitung" (Dienstag), langfristig müsse klar werden, dass das gesamte Thema Schwangerschaftsabbruch nichts im Strafgesetzbuch zu suchen habe. Auch Gesine Agena, die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, sagte der Zeitung, der Paragraf 218 sei "frauenfeindlich". Die Entscheidung über Schwangerschaftsabbrüche solle allein bei der Frau liegen: "Sie hat das Recht, über ihren Körper selbst zu entscheiden."

Der Paragraf 218 besagt, dass ein Schwangerschaftsabbruch rechtswidrig ist und mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden kann. Laut Paragraf 218a ist der Tatbestand allerdings nicht verwirklicht und die Abtreibung straffrei, wenn sie innerhalb der ersten zwölf Wochen passiert und die Frau eine vorschriftsgemäße Beratung nachweist. Bei medizinischer und kriminologischer Indikation ist die Abtreibung außerdem nicht rechtswidrig.

Bisherwaren die Parteien lediglich gegen das Werbeverbot

Bisher hatten sich Linksfraktion und Grüne lediglich für die Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen ausgesprochen und einen entsprechenden Entwurf im Bundestag eingereicht. Die FDP ist für eine Änderung des entsprechenden Paragrafen 219a, Union und AfD sind für die Beibehaltung. Die SPD hat ihren Änderungsvorschlag mit Rücksicht auf den Koalitionsfrieden nicht zur Abstimmung gestellt. Stattdessen einigte sich die Koalition darauf, dass das Justizministerium einen neuen Vorschlag vorlegt. Paragraf 219a verbietet das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen aus einem finanziellen Vorteil heraus oder wenn dies in "grob anstößiger Weise" geschieht.

Ein Strafgesetzbuch ist beim Paragraphen 218 aufgeschlagen.
Bild: ©picture alliance / blickwinkel/G. Vockel

Paragraf 218 (1) des Strafgesetzbuches: Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Handlungen, deren Wirkung vor Abschluß der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter eintritt, gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch im Sinne dieses Gesetzes.

Wie die Zeitung weiter meldet, gehen auch die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS) und die Giordano-Bruno-Stiftung einen deutlichen Schritt über die bisherige Forderung nach einer Abschaffung des Paragrafen 219a hinaus. Unter Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht von Frauen wollen sie die ersatzlose Streichung beziehungsweise Revision aller Paragrafen im Strafgesetzbuch, die Schwangerschaftsabbrüche betreffen.

Die katholische Kirche spricht sich gegen eine Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen aus; ein allgemeines Informationsdefizit, von dem oft die Rede ist, gibt es aus ihrer Sicht nicht. Eine Änderung sei daher nicht nötig und auch verfassungsrechtlich bedenklich. "Der Paragraf 219a im Strafgesetzbuch ist nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts integraler Teil des Schutzkonzepts", sagt der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten. Aus der Schutzpflicht des Staates folgere das Bundesverfassungsgericht, "dass die Frauen ergebnisoffen, aber in Richtung des Schutzes des ungeborenen Lebens zu beraten sind. Der Logik dieser positiven Werbepflicht für das ungeborene Leben entspreche das Werbeverbot für die Abtreibung. Zudem warnt die Kirche immer wieder davor, den gesamten nach der Wiedervereinigung mühsam erzielten Kompromiss in der Abtreibungsfrage infrage zu stellen, also auch Paragraf 218 ff.

Scharfe Kritik von Papst Franziskus

Zuletzt hatte sich Papst Franziskus mit scharfen Worten gegen Abtreibungen selbst aus medizinischer Indikation gewandt. "Das machen wir weg", laute oft die erste Reaktion auf die mögliche Behinderung eines ungeborenen Kindes, so der Papst am Wochenende im Vatikan. "Mord an Kindern - um ein ruhiges Leben zu bewahren, wird ein Unschuldiger plattgemacht", empörte sich das Kirchenoberhaupt. Im vergangenen Jahrhundert habe sich die ganze Welt über die Euthanasie der Nazis empört. "Heute machen wir dasselbe mit weißen Handschuhen." Der Papst war daraufhin für seinen Vergleich in zahlreichen deutschen Medien kritisiert worden. (bod/KNA)