Heiliges Land: Kirchenführer werfen Israel Rassismus vor
Im Streit um kirchlichen Grundbesitz im Heiligen Land werfen Kirchenführer Israel Rassismus, Angriffe auf die christliche Gemeinschaft und mangelnde Dialogbereitschaft vor. Den Kirchen lägen Informationen vor, dass die Regierung ein zunächst gestopptes Gesetzesvorhaben voranbringen wolle, das auf eine "Enteignung der Rechte von Kirchen an ihren Ländereien" abziele, heißt es in einem Brief an Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (Dienstag). Unterzeichnet ist er vom griechisch-orthodoxen Patriarchen Theophilos III., Franziskanerkustos Francesco Patton und dem armenischen Patriarchen Nourhan Manugian. Netanjahu hatte im Februar gegen den Gesetzesvorstoß interveniert.
Die Kirchenführer machen den Gesetzentwurf zur Verstaatlichung von Kirchenland, das an private Investoren verkauft wurde, hauptverantwortlich für die jüngste Krise zwischen den Kirchen und Israel. Der Entwurf soll nach Informationen der Kirchenführer in Kürze erneut vor den zuständigen Rechtsausschuss kommen. Es stelle "einen systematischen und beispiellosen Angriff gegen die Christen im Heiligen Land dar" und verletze grundlegende Rechte, hieß es. Teile der Regierung versuchten weiterhin, "spaltende, rassistische und subversive Agenden" durchzusetzen und aus populistischen Erwägungen den Status quo zu unterlaufen.
Kirchen kündigen mögliche Gegenreaktion an
Sollte Netanjahu das einseitige Voranbringen des Entwurfs nicht "schnell und entschieden" stoppen, sähen sich die Kirchen zu einer Gegenreaktion gezwungen, heißt es weiter. Die Kirchenführer kritisieren ferner, dass in mehr als drei Monaten seither keinerlei Gespräche zur Beilegung des Streits geführt worden seien. Ursprünglich hatte Netanjahu nach scharfen Kirchenprotesten und einer mehrtägigen Schließung der Jerusalemer Grabeskirche die Einrichtung einer Arbeitsgruppe unter Leitung des Ministers für regionale Angelegenheiten, Tzachi Hanegbi, angekündigt. Sie sollte im Dialog mit den Kirchen eine Lösung erarbeiten.
Die hinter dem Entwurf stehende Abgeordnete Rachel Azaria wies die Vorwürfe der Kirchen zurück, wie ihre Sprecherin der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) bestätigte. Bei der Gesetzesinitiative gehe es nicht darum, Kirchen zu diskriminieren. Der neue Entwurf ziele darauf ab, die Rechte derer zu schützen, die auf an Privatinvestoren verkauftem Pachtland wohnten. Der Gesetzentwurf betreffe nur Ländereien, die bereits verkauft seien. Schon früher hatte Azaria darauf hingewiesen, dass die neuen Eigentümer extrem hohe Gebühren von den Bewohnern verlangen würden und diese beschützt werden müssten.
Der am Montag eingereichte Entwurf sieht vor, von Privatinvestoren erworbenes Land mit bestehenden Pachtverträgen zu verstaatlichen; die Kaufsumme soll erstattet und eine Entschädigung gezahlt werden. In Pachtverträgen aus der Gründungszeit Israels überließen die Kirchen Organisationen wie dem Jüdischen Nationalfonds Land in Langzeitverträgen. Mit Auslauf der Pacht in den kommenden Jahrzehnten fällt das Land samt Bebauung an die Besitzerin zurück. (bod/KNA)