Kirchliche Verbände und Hilfswerke lehnen Transitzentren ab

Geht es um die Menschen oder um die Wahl in Bayern?

Veröffentlicht am 04.07.2018 um 11:50 Uhr – Lesedauer: 
Politik

Bonn/köln ‐ CDU und CSU haben sich geeinigt: Die Transitzentren an der österreichischen Grenze kommen. Der BDKJ sagt: Das ist nicht mit der Menschenwürde vereinbar. Andere Kirchenvertreter äußern sich ähnlich.

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Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) und die im BDKJ vereinten katholischen Jugendverbände lehnen den Plan der Unionsparteien ab, Transitzentren an der Grenze zu Österreich einzurichten, um in anderen EU-Staaten registrierte Asylbewerber von dort aus zurückzuschicken. Und auch die Caritas in Österreich hält den Schritt nicht für notwendig.

"Die Unterbringung von geflüchteten Menschen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, in geschlossenen Zentren sind für uns nicht mit der Menschenwürde vereinbar", erklärte der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) als Dachverband vieler katholischer Jugendorganisationen am Dienstag. Es müsse "menschenrechtskonforme Verfahren" für alle Asylsuchenden in Europa geben. Transitzentren könnten die Frage nach einer humanen Verteilung von Asylsuchenden in der EU ebenso wenig beantworten wie die nach notwendigen Anforderungen an eine gelingende Integration.

Pfuff: Geht es um Menschen oder die anstehende Wahl?

Der BDKJ kritisierte außerdem die Debatte über das Thema Asyl. Indem man so tue, als sei es das drängendste politische Problem in Deutschland, "wurde die Anti-Asyl-Politik rechtspopulistischer Parteien unterstützt und zugleich die lange erkämpfte Freizügigkeit in Europa in einer Nacht aufs Spiel gesetzt".

Auch der Direktor des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes, Claus Pfuff, bewertete bei domradio.de die Debattenkultur im Asylstreit kritisch. Das Niveau sei gerade "für christliche Parteien äußerst bedenklich". Er wage außerdem zu bezweifeln, "ob es wirklich um die Flüchtlinge und um Menschen geht, die aus unterschiedlichen Gründen auf der Flucht sind" oder doch eher um die anstehende Wahl in Bayern.

Bild: © picture alliance/dpa /Peter Endig

Nach langen Debatten zwischen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundeskanzlerin ANgela Maerkel (CDU) hat sich die Union auf die Errichtung sogenannter Transitzentren an der Grenze zu Österreich geeinigt.

In den geplanten Zentren würden "vermutlich viele Menschen zusammenkommen, die schnell wieder abgeschoben werden, Menschen die lange Zeit dort sind. Und gerade diese Vielfalt schafft natürlich neue Probleme", ergänzte der Jesuit. Wichtig sei, so Pfuff, dass EU-Recht angewandt werde und dass es "gemeinsame Standards bei der Behandlung von Flüchtlingen, bei der ganzen Registrierung und der Erstaufnahme gibt". Eine weitere wichtige Frage sei, "ob in den Ländern die Verfahren gerecht laufen und ob nicht hier noch mal drauf geschaut werden kann".

Im Streit um die Zurückweisung von Migranten, die bereits in einem anderen EU-Land registriert und in einem Asylverfahren sind, hatten sich die Unionsparteien darauf geeinigt, geschlossene Transitzentren an der Grenze zu Österreich einzurichten. Von dort sollen die betreffenden Flüchtlinge in die entsprechenden Staaten zurückschickt werden. Dafür soll es mit diesen Ländern Vereinbarungen geben.

Österreichs Caritas warnt vor Abschottung Europas

Österreichs Caritas hat unterdessen vor einer Abschottung Europas gewarnt. "Wenn wir über Flüchtlings- und Asylfragen reden, dann geht es natürlich auch darum, dass Hilfe vor Ort geleistet wird. Und nicht nur Europas Grenzen dicht gemacht werden", sagte der Generalsekretär für Internationale Programme bei Caritas Österreich, Christoph Schweifer, am Mittwoch im Kölner domradio. Als "äußerst problematisch" bezeichnete er es, dass faire Verfahren momentan nicht sichergestellt seien. Er forderte stattdessen, "dass auch die Menschen während des Verfahrens mit Menschenwürde untergebracht werden".

Zu den angekündigten Transitzentren äußerte sich Schweifer zurückhaltend. Seit zwei Jahren sei die Anzahl der nach Europa kommenden Flüchtlinge "substanziell reduziert" worden. Die Herausforderung habe sich damit wesentlich verringert, gab er zu bedenken. Insofern wäre genügend Zeit, über mittel- und langfristige Lösungen nachzudenken, die auch "menschenrechtlichen Grundstandards" entsprechen und ein "solides Asylverfahren" garantierten. "Das sehen wir momentan nicht", sagte Schweifer. "Ich glaube, wir haben es hier mit einer politischen Krise zu tun und nicht mit der Flüchtlingskrise." (bod/KNA)