Felix Neumann über die Todesstrafe im Katechismus

Wo die Tradition der Kirche Umkehr braucht

Veröffentlicht am 16.07.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Felix Neumann über die Todesstrafe im Katechismus

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Die Todesstrafe ist unzulässig und steht im Gegensatz zum Evangelium, sagte Papst Franziskus 2017. Er reiht sich damit in die Kritik seiner beiden Vorgänger ein – und trotzdem steht der Katechismus der katholischen Kirche der Todesstrafe nicht eindeutig entgegen. "Soweit unblutige Mittel hinreichen" soll man lieber darauf verzichten; aber nur "soweit". Weil "die überlieferte Lehre der Kirche" eben die Todesstrafe nicht ausschließt, bleibt es bei diesen lauwarmen Worten.

Das Fehlen einer klaren Verurteilung des staatlich sanktionierten Tötens führt dazu, dass Bischöfe wie jüngst Colombos Kardinal Malcolm Ranjith öffentlich die Todesstrafe begrüßen können. Die vielbeklagte "Kultur des Todes" ist so Teil der Lehre der Kirche, der Kardinal gibt ein Zeugnis gegen das Evangelium, anstatt die Würde auch von Verbrechern stark zu machen. Die Todesstrafe ist auch ein Teil der Tradition der Kirche. Nicht nur hat die Kirche sich lange nicht gegen Exekutionen ausgesprochen; der Kirchenstaat selbst hat sich der Todesstrafe bedient, erst 1969 strich der Vatikanstaat sie aus seinen Gesetzbüchern.

Schon Johannes Paul II. soll ursprünglich eine klare Formulierung im Katechismus bevorzugt haben. Mit dem Argument der Tradition ist es anders gekommen: Eine Kontinuität der Lehre wurde als wichtiger angesehen als eine Korrektur hin zu den Werten des Evangeliums.

Dabei gibt es in der Tradition der Kirche auch Beispiele dafür, wie der jesuanische Auftrag zur Umkehr, zur Metanoia, wörtlich: zum Umdenken sich auch auf eben die Tradition beziehen kann: Lange war die Kirche, bis hin zu lehramtlichen Schreiben, Komplize der Versklavung von Menschen. Erst der prophetische Einsatz des Dominikaners Bartolomé de Las Casas hat Papst Paul III. zu dem Schritt bewogen, nicht nur die Sklaverei zu verurteilen, sondern auch die gegenteiligen Erklärungen seiner Vorgänger für null und nichtig zu erklären. Das Zweite Vatikanum hat den Irrweg Pius IX. mit seiner Indifferenz Diktaturen gegenüber, mit seiner Ablehnung von Menschenrechten und Religionsfreiheit beendet. Zwei Beispiele für Umkehr – hin zur freimachenden Botschaft des Evangeliums.

Es wird Zeit, dass die Todesstrafe dorthin kommt, wo die Duldung der Sklaverei und weite Teile des "Syllabus Errorum" sind: Auf den Müllhaufen der Kirchengeschichte. Es wird Zeit, dass Papst Franziskus den Katechismus ändert.

Von Felix Neumann

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