Orgelfreunde im Wechselbad der Gefühle
Am "Tag der Orgel", der an diesem Sonntag zum achten Mal deutschlandweit begangen wird, fällt die Bilanz gemischt aus. Für Orgelfreunde waren die vergangenen zwölf Monate ein Wechselbad der Gefühle: Stolz und glücklich machte im Dezember 2017 die Entscheidung der UNESCO, "die Tradition von Orgelbau und Orgelmusik in Deutschland" in die Weltkulturerbe-Liste aufzunehmen. Durch diese Würdigung sei die Aufmerksamkeit der Medien deutlich gestiegen, berichtet der Vorsitzende der Vereinigung der Orgelsachverständigen Deutschlands, Christoph Keggenhoff. Auch finanziell wirke sich das positiv aus, so der Orgelsachverständige des Bistums Speyer. Bereits seit 2014, als der Orgelbau und die Orgelmusik vom Bund in die Liste des nationalen Kulturerbes aufgenommen worden seien, habe es insgesamt 10 Millionen Euro öffentlicher Fördergelder für die Restaurierung von Orgeln gegeben. Auch für die kommenden Jahre stünden wieder finanzielle Mittel in ähnlicher Höhe bereit.
Anders als die Bundesregierung mochte sich der Vatikan nicht für die Orgelmusik ins Zeug legen. Unverständnis und Bestürzung löste Anfang 2018 die Nachricht aus, dass im Petersdom in Rom eine digitale Orgel die bisherige Pfeifenorgel abgelöst habe. Die Orgelwelt schien auf dem Kopf zu stehen: Ein Papst, der sich mit einem besseren Keyboard zufrieden gibt, und eine UN-Organisation, deren Mitglied der Heilige Stuhl nicht einmal ist, die sich zum Schutzpatron für deutsche Orgelbauer aufschwingt.
"Die Entscheidung des Vatikans war katastrophal und ein schlechtes Signal", sagt Keggenhoff. Wenn man in Rom nur gewollt hätte, wäre aus seiner Sicht auch für eine Pfeifenorgel eine akustisch zufriedenstellende Lösung möglich gewesen. 15 Millionen Euro hätte der Vatikan dafür nach seiner Schätzung in die Hand nehmen müssen. Doch dafür hätten sich gewiss großzügige Spender gefunden.
Auch aus den deutschen Bistümern gab es unterschiedliche Signale. Während in der Paderborner Kirchenzeitung "Der Dom" jüngst ein Kommentar mit dem Titel "Mangelware 'Organist'" erschien, berichtete die Tageszeitung "Die Welt" im Dezember 2017 über ein wachsendes Interesse an der Orgel unter Kindern und Jugendlichen im Bistum Würzburg.
Eindeutig positiv fällt hingegen schon jetzt die Bilanz des achten Tags der Orgel aus. Mit 117 Veranstaltungen in 13 Bundesländern, Konzerten oder Führungen durch Orgelbaubetriebe, ist die Beteiligung größer als je zuvor.
Das Wichtigste zu Orgeln in Deutschland in Kürze:
Wie viele Orgeln gibt es in Deutschland?
In Deutschland gibt es rund 50.000 Orgeln und damit so viele wie in kaum einem anderen Land.
Wo stehen die meisten historischen Orgeln?
Die größte Dichte historischer Orgeln findet sich in den östlichen Bundesländern sowie in Friesland. In den östlichen Bundesländern liegt dies daran, dass zu DDR-Zeiten das Geld für neue Orgeln fehlte. In Friesland erklärt sich die hohe Zahl historischer Instrumente laut Keggenhoff dadurch, dass hier der Trend zu Großinstrumenten für die romantische Orgelmusik aus dem mediterranen Raum –anders als in Süddeutschland- nicht Fuß fassen konnte.
Wo steht die größte Orgel Deutschlands?
Als größte Orgel Deutschlands gilt nach wie vor die Orgel im Passauer Dom. Je nachdem, welche Kriterien man für die Größe einer Orgel anlegt –die Zahl der Register oder die der Pfeifenreihen - wird dieses Instrument bisweilen auch als größte Kirchenorgel der Welt geführt.
Wie viele neue Orgeln werden in Deutschland jährlich in Betrieb genommen?
Dazu gibt es nach Angaben der Orgelsachverständigen-Vereinigung keine zuverlässigen Zahlen. Klar sei jedoch, dass die Zahl rückläufig sei. Seit einigen Jahren liege der Schwerpunkt der Orgelbauer hierzulande auf Restaurierung und Instandhaltung der Instrumente.