Erste Bistümer nennen in Missbrauchsdebatte Zahlen
In der aktuellen Missbrauchsdebatte haben die Bistümer Osnabrück und Rottenburg-Stuttgart am Montag erste Zahlen vorgelegt. Demnach fanden sich in den Osnabrücker Akten aus den Jahren 1946 bis 2015 Hinweise auf 68 Betroffene und 35 Beschuldigte. In Rottenburg-Stuttgart wurden in einem anderen Verfahren seit 2002 Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs gegen 146 Geistliche, Ordensleute und weitere Kirchenmitarbeiter untersucht. Das schwäbische Bistum hat etwa dreimal so viele Priester wie Osnabrück.
Die deutschen Bischöfe wollen eine mit Spannung erwartete bundesweite Studie in der kommenden Woche bei ihrer Vollversammlung in Fulda zur Kenntnis nehmen. Erste Ergebnisse wurden vergangene Woche durch Medienberichte bekannt. Demzufolge gab es zwischen 1946 und 2014 in Deutschland 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe von mindestens 1.670 Geistlichen. Der komplette Titel der Untersuchung lautet "Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz".
Bischof Fürst: Zwei Täter aus Klerikerstand entlassen
Der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst sagte vor Journalisten, er wolle der Veröffentlichung in Fulda nicht vorgreifen. In seiner Diözese gelte bei Missbrauch die Maxime "Null Toleranz". Weiter hieß es, in sieben Verfahren wurde die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Zwei Täter wurden aus dem Klerikerstand entlassen. Die Diözese hat Betroffenen 640.000 Euro als Anerkennung für erfahrenes Leid ausgezahlt. Zudem habe man Therapiekosten in Höhe von 130.000 Euro übernommen.
Als bundesweit erste Diözese habe Rottenburg-Stuttgart bereits 2002 eine unabhängige Kommission eingesetzt, die allen Hinweisen auf Missbrauch oder Grenzüberschreitungen nachgehe. "Wir sind auf dem richtigen Weg und wollen gleichzeitig unsere Arbeit bei Prävention und Aufarbeitung immer wieder neu überarbeiten und anpassen", so der Bischof.
Osnabrücks Generalvikar Theo Paul erklärte in einem Schreiben auf der Internetseite des Bistums, die Erkenntnisse über den Missbrauch seien durch Akteneinsicht und durch Rückmeldungen von Betroffenen ermittelt worden. Beschämend sei es, festzustellen, "in welch furchtbarem Ausmaß sich Geistliche unserer Kirche dieses Verbrechens schuldig gemacht haben". Die systemische Aufarbeitung des Missbrauchs in der Kirche stehe erst am Anfang. Dabei müsse ein besonderes Augenmerk auf der Aufdeckung von Machtstrukturen gelten, die Missbrauch begünstigten. (KNA)