Vatikan verweigert Wucherpfennig Unbedenklichkeitserklärung

Schwulenfreundliche Aussagen kosten Jesuiten-Rektor das Amt

Veröffentlicht am 08.10.2018 um 09:29 Uhr – Lesedauer: 

Köln/Frankfurt ‐ Limburgs Bischof Georg Bätzing und Provinzial Johannes Siebner stehen hinter ihm: Dennoch wird Ansgar Wucherpfennig wohl nicht Rektor der Theologisch-Philosophischen Hochschule Sankt Georgen bleiben. Der Grund? Positive Äußerungen zur Homosexualität.

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Positive Aussagen zur Homosexualität und zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare haben eine weitere Amtszeit des Rektors der Theologisch-Philosophischen Hochschule Sankt Georgen, den Jesuitenpater Ansgar Wucherpfennig, verhindert. Wie der "Kölner Stadt-Anzeiger" und die "Frankfurter Rundschau" (Montag) berichten, verweigert die Bildungskongregation im Vatikan dem Geistlichen das "Nihil Obstat" (Unbedenklichkeitserklärung) und verlangt einen öffentlichen Widerruf seiner Positionen.

Im Februar war Wucherpfennig für eine dritte zweijährige Amtszeit mit großer Mehrheit wiedergewählt worden. Ohne die römische Zustimmung darf er das Rektorenamt seit dem 1. Oktober allerdings nicht mehr ausüben. Die Hochschule wird daher derzeit kommissarisch von Prorektor Thomas Meckel geleitet. 

Der 52-Jährige Wucherpfennig bestätigte auf Anfrage, dass er Ende September die Hochschulkonferenz über den Vorgang unterrichtet habe. Der Aufforderung zum Widerruf will er aber nicht nachkommen. "Nicht gegen meine Überzeugungen", sagte Wucherpfennig. "Ich halte die Einwände Roms für ein Missverständnis von Aussagen, mit denen ich ganz und gar auf dem Boden der katholischen Lehre stehe." Sein direkter Vorgesetzter, Provinzial Johannes Siebner SJ, sagte den Zeitungen, er stehe uneingeschränkt hinter Wucherpfennig. In einem Antwortschreiben habe er sich "befremdet" über das römische Vorgehen gezeigt. "An Pater Wucherpfennigs Expertise, seiner Loyalität und damit auch an seiner Eignung für das Rektorenamt bestehen für mich nicht die geringsten Zweifel."

Äußerungen landeten bei Glaubenskongregation

2016 hatte Wucherpfennig, Professor für Neues Testament, die biblischen Verurteilungen der Homosexualität in einem Interview als "tiefsitzende, zum Teil missverständlich formulierte Stellen" bezeichnet. Wucherpfennig, der im katholischen Stadtdekanat Frankfurt auch als Homosexuellen-Seelsorger wirkt, sprach sich demnach für eine stärkere kirchliche Anerkennung von gleichgeschlechtlich Liebenden aus. Seine Äußerungen landeten auf unbekannten Wegen bei der Glaubenskongregation in Rom. Beanstandet habe man dort auch Aussagen Wucherpfennigs zur Diskussion über den Frauendiakonat und Frauen in den geistlichen Ämtern der katholischen Kirche, berichten die Zeitungen.

Bild: ©Nicole Cronauge/Bistum Essen

Ist fassungslos über das Vorgehen des Vatikan: der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer.

Der für Sankt Georgen in Frankfurt zuständige Bischof von Limburg, Georg Bätzing, stellte sich vor Wucherpfennig. Er habe der Wiederwahl "uneingeschränkt" zugestimmt, sagte ein Bistumssprecher. Bätzing habe auch in Rom deutlich gemacht, dass "Bistum und Jesuitenorden gut beraten sind, an der bewährten Hochschul-Leitung festzuhalten". Der Bischof gehe daher weiter von einer gütlichen Lösung aus.

Kritik am Vorgehen Roms

Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer zeigte sich über das Vorgehen des Vatikan fassungslos. "Wann hört ein solches autoritäres Gebaren in unserer Kirche endlich auf?", schrieb er am Sonntagabend auf Facebook. Gleichzeitig begrüßte er, dass sich Bischof Bätzing und Provinzial Siebner "hinter den von Rom gemaßregelten" Wucherpfennig gestellt hätten. Auch der Frankfurter Stadtdekan, Johannes zu Eltz, reagierte mit Ärger und Unverständnis. Wucherpfennig sei "ein lauterer Priester und ein unbestechlicher Wissenschaftler". Rom verletze hier "ohne Sinn und Verstand" das "sonst zu jedem Kirchenfenster hinausgepredigte Subsidiaritätsprinzip".

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) sprach mit Blick auf die Verweigerung des "Nihil obstat" von einem "unerträglichen Vorgang". "Während wir in Rom auf der Jugendsynode – auf ausdrücklichen Wunsch von Papst Franziskus – ganz offen unsere Meinung austauschen, wurde gestern durch Presseartikel bekannt, wie mit Geistlichen umgegangen wird, die mutig deutlich machen, was sich junge Menschen von der Kirche wünschen", sagte der BDKJ-Bundesvorsitzende Thomas Andonie am Montag in Rom. Akteure der Kirche missbrauchten hier ihre Macht. "Es wird versucht, einen Menschen kaltzustellen", so Andonie. Ein solches Vorgehen lehne der BDKJ entschieden ab. (bod/KNA)

8.10.2018, 11.04 Uhr: Meldung ergänzt um weitere Details