Wallfahrtsrektor: Habe Missbrauch in der Kirche nicht verharmlost
Der Wallfahrtsdirektor des mittelschwäbischen Pilgerortes Maria Vesperbild, Erwin Reichart, wehrt sich gegen Vorwürfe, er habe den sexuellen Missbrauch in der Kirche verharmlost. Bei einem Gesprächsabend mit dem Titel "Können wir katholischen Priestern noch trauen?" soll er laut "Augsburger Allgemeine" (Dienstag) über die Berichterstattung zu dem Thema gesagt haben: "Es ist eine Kampagne gegen die Kirche, wenn man immer wieder darüber schreibt." Reichart erklärte am Mittwoch, bei dem Abend sei "von Teilnehmern scharfe Kritik an den Medien geäußert" worden. Diese habe er relativiert und versucht einzuordnen.
Laut "Augsburger Allgemeine" hatte Reichart zudem die Liberalisierung von Gesellschaft und Priesterausbildung für die Missbrauchsfälle mitverantwortlich gemacht. "An Universitäten gibt es Professoren, bei denen es nicht so genau zugeht, etwa beim sechsten Gebot. So kommt es dann zum Missbrauch", zitierte ihn die Zeitung. Eine Aufweichung des Gebotes, nicht die Ehe zu brechen, gehe auch an Priestern nicht spurlos vorbei.
Missbrauch "in keinster Weise" relativiert
Reichart teilte nun mit, es sei bei dem Abend "in keinster Weise" darum gegangen, Missbrauchsfälle zu relativieren: "Sollte dennoch dieser Eindruck entstanden sein, bedauern wir dies sehr." Immer wieder hätten er und die Priester von Maria Vesperbild ihre Abscheu darüber geäußert, was den Opfern durch Priester angetan worden sei. "Wir haben die Missbrauchsfälle dabei als Verbrechen bezeichnet und ausdrücklich betont, dass diese bei der Staatsanwaltschaft angezeigt werden müssen." Es sei darum gegangen, "die Ursachen der Missbrauchsfälle in der Kirche zu suchen und eine Reform der Kirche an Haupt und Gliedern zu fordern".
Zuvor hatte bereits das Bistum Augsburg Stellung bezogen: Man distanziere sich "ausdrücklich von Äußerungen und Einschätzungen, die sexuellen Missbrauch durch Kleriker und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in irgendeiner Weise relativieren", heißt es in einer Erklärung: "Dieses sehr sensible Thema eignet sich auch nicht für kirchenpolitische Richtungskämpfe."
Bischof Konrad Zdarsa habe unmissverständlich klargemacht, dass das erste Augenmerk den Opfern gelten müsse. Betroffenen dürften durch Äußerungen und Spekulationen keine neue Wunden zugefügt werden. Die Einbeziehung der Öffentlichkeit könne für die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen immer wieder hilfreich und sinnvoll sein.
Erwin Reichart (63) ist seit Januar dieses Jahres Wallfahrtsdirektor in Maria Vesperbild. Er folgte auf Prälat Wilhelm Imkamp (67), der das Amt 29 Jahre lang ausgeübt hatte und aus gesundheitlichen Gründen um seine um seine Entpflichtung und Emeritierung gebeten hatte. (tmg/KNA)