Standpunkt

Echtheit statt Etikettenschwindel beim kirchlichen Arbeitsrecht!

Veröffentlicht am 25.10.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Dass die Kirchen Wert darauf legen, für bestimmte Stellen Christen einzustellen, findet Thomas Winkel richtig. Bei einem heute erwarteten Urteil müsse das Bundesarbeitsgericht daher einen Faktor besonders bedenken.

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Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt verhandelt an diesem Donnerstag über einen Fall, der für das kirchliche Arbeitsrecht eine Menge Gewicht hat – so oder so. "Dürfen jetzt auch Atheisten für die Kirche arbeiten?", titelte im Vorfeld ein Onlineportal. Die beiden großen Kirchen in Deutschland sind  hierzulande immerhin die größten Arbeitgeber nach dem Staat…

Und darum geht es im konkreten Fall, der seit Jahren diverse Gerichte auf höchster Ebene beschäftigt: Bei der Besetzung einer Stelle lehnte ein evangelisches Hilfswerk eine Kandidatin ab, die weder den geforderten Hochschulabschluss mitbringt noch Mitglied einer Kirche ist. Daraufhin verklagte die Bewerberin das Evangelische  Werk für Diakonie und Entwicklung wegen Diskriminierung; aufgrund ihrer Konfessionslosigkeit habe sie die Referentenstelle nicht erhalten.

Eine Stelle als Referentin wohlgemerkt – nicht als Gärtner oder Köchin. Vorgesehene Hauptaufgabe: ein Bericht zur Antirassismus-Konvention, natürlich aus Sicht ihres Arbeitsgebers Diakonie. Ich finde: Wo Diakonie drauf steht, soll auch Diakonie drin sein. Selbstverständlich kommt es auf die genaue Art der Tätigkeit an. Aber bei solch inhaltsschweren Positionen ist es das gute Recht der Verantwortlichen, auf die Person der Bewerber besonders zu achten.

Wie glaubwürdig soll denn bitteschön jemand die Werte der (evangelischen) Kirche nach außen vertreten, der sie nicht von innen kennt und lebt? Es geht um Echtheit – neudeutsch Authentizität, nach der zu Recht so häufig gerufen wird. Und es geht eben nicht um eine Rolle in einem Theaterstück, die jeder halbwegs talentierte Schauspieler gut ausfüllen kann.

Außerdem: Heute entscheiden sich Menschen vielfach sehr bewusst, wenn sie an eine kirchliche Einrichtung wie Caritas oder Diakonie spenden. Oder warum sie weiterhin Kirchensteuer zahlen. Sie sollten darauf vertrauen können, dass es da keinen Etikettenschwindel gibt. Ansonsten könnte sich demnächst ein waschechter Bischof beim Freidenker-Verband bewerben (etwa als Referent für Religionskritik)  – und wenn er abgelehnt wird, mal vor den Kadi ziehen…

Von Thomas Winkel

Der Autor

Thomas Winkel ist Chef vom Dienst der Katholischen Nachrichten-Agentur in Bonn.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.