Reformationstag bietet Zeit für Ökumene
Mit einer in diesem Umfang nicht erwarteten Überraschung sind vor einem Jahr die Feiern zu "500 Jahre Reformation" zu Ende gegangen: Die evangelischen Kirchen waren am Reformationstag, der einmalig bundesweit ein Feiertag war, so voll wie sonst nur Weihnachten.
In diesem Jahr wird sich das am 31. Oktober kaum wiederholen - gleichwohl hoffen die Protestanten, dass der Gedenktag wieder stärker ins Bewusstsein getreten ist. Immerhin gibt es Auftrieb von staatlicher Seite: Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben den Reformationstag auf Dauer zum gesetzlichen Feiertag erhoben. Zusammen mit den ostdeutschen Bundesländern - ohne Berlin - gilt dies nun in neun Ländern.
Die Landeskirchen in Norddeutschland geben sich deshalb Mühe, den Tag besonders zu gestalten. Auffallend sind die ökumenische Ausrichtung und der christlich-jüdische Dialog. Hatten doch gerade in Niedersachsen Katholiken und jüdische Gemeinden Bedenken gegen den neuen Feiertag geäußert. Sie hatten die antisemitischen Schriften Luthers ins Feld geführt sowie darauf verwiesen, dass der 31. Oktober immer noch primär an die Kirchenspaltung erinnere.
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Nun gibt es in Hannover am Vorabend des Reformationstags eine Veranstaltung mit Landesbischof Ralf Meister und Rabbiner Gabor Lengyel zum Thema "Was gesagt werden muss. Reformation und Judentum". Die Evangelisch-reformierte Kirche hat Rabbinerin Ulrike Offenberg zum Vortrag "Was erwarten Jüdinnen und Juden in Deutschland heute von den christlichen Kirchen?" ins Kloster Frenswegen in Nordhorn eingeladen.
Die Zeichen stehen auf Ökumene
Die Braunschweiger Landeskirche hat den neuen katholischen Bischof von Hildesheim, Heiner Wilmer, zur Predigt in den Braunschweiger Dom gebeten. "Das ist ein wunderbares ökumenisches Zeichen und unterstreicht das gute Miteinander der Christen in Niedersachsen", sagt Landesbischof Christoph Meyns. Auch in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland stehen die Zeichen auf Ökumene. In Hamburg gibt es einen Gottesdienst der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Hauptkirche Sankt Petri.
Bischöfin Kirsten Fehrs ruft zudem auf, auch die Kulturveranstaltungen zum Tag der Reformation in den Museen zu nutzen, die vielfach vergünstigten oder freien Eintritt gewähren. "Kirche und Kultur ergänzen sich an diesem Feiertag", betont auch Bischof Gothart Magaard in Kiel. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Schleswig-Holstein lädt er zu einem "Kieler Reformationsabend" ein.
Ökumenisch geprägt ist der Tag auch in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg. Der neue Bischof Thomas Adomeit betont: "Die Diskussionen um den neuen niedersächsischen Feiertag und auch aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen zeigen, wie wichtig es ist, dass wir als Christen gemeinsam für Werte wie Freiheit und Toleranz eintreten, die ihre Wurzeln in der Reformation haben." Als symbolträchtiger Ort für ein Podium mit dem Titel "Konfessionen überkreuz" wurde die Klosterkirche Vechta ausgewählt - die einzige Kirche im Oldenburger Land, die von Protestanten und Katholiken für Gottesdienste genutzt wird.
In Bremen ist der Reformationstag "FREI:ZEIT"
Die Bremische Evangelische Kirche stellt den Reformationstag unter das Motto "FREI:ZEIT", denn der neue Feiertag ermögliche es, Arbeit und Stress zu entfliehen und schenke freie Zeit für Erholung und spirituelle Unterbrechungen des Alltags. Unter dem Motto "FREI:ZEIT - WERT:FREI" steht ein Festgottesdienst mit dem "Schriftführer" der Evangelischen Kirche, Renke Brahms, und dem katholischen Propst Martin Schomaker.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte bereits im Sommer mit einer "Flugschrift" den Reformationstag beworben. Der Feiertag trage den Geist der Reformation in moderner Weise weiter, so der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm: "Reformationstage, die nicht in konfessioneller Abgrenzung und Engführung, sondern in ökumenischer Geschwisterlichkeit und interreligiöser Weite sowie in Partnerschaft mit Akteuren aus der Zivilgesellschaft begangen werden, tragen den Geist eines 'Tages der Reformation' weit über den Kirchenraum hinaus."