Clemens-Basilika in Hannover wird 300 Jahre alt
Zwei Türme im Westen, ein reich verziertes Portal im Osten und in der Mitte eine alles überragende Kuppel: Zwischen eintönigen Mietshäusern und Bürogebäuden versprüht die im zarten rot gestrichene Basilika Sankt Clemens einen Hauch italienischen Charmes mitten in Hannover. Kein Zufall: Waren es doch Italiener, die die heutige Haupt- und Mutterkirche der gut 150.000 Katholiken der Region errichteten. In diesem Jahr wird das 300-Jahr-Jubiläum der Weihe des Gotteshauses gefeiert, am Sonntag um 10.00 Uhr findet ein großer Festgottesdienst statt.
Es war der venezianische Bischof und Diplomat Agostino Steffani (1654-1728), der sich nach der Reformation erstmals wieder für den Bau einer katholischen Kirche in Hannover einsetzte. Er beauftragte seinen Landsmann Tommaso Giusti (1644-1729) mit den Planungen, der einen venezianischen Kuppelbau mit zwei flankierenden Türmen entwarf.
Papst Clemens XI. warb um Geld für den Kirchbau
Wegen Finanznot musste jedoch zunächst auf die Kuppel und die barocke Bekrönung der Türme verzichtet werden. Die Wahl des Patrons war kein Zufall: Der damalige Papst Clemens XI. hatte mit zahlreichen Schreiben um Geld für den Kirchbau in Hannover geworben.
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In Deutschland tragen 77 Kirchen den vom Papst verliehen Ehrentitel "Basilica minor". In einer elfteiligen Serie stellt katholisch.de diese historisch bedeutenden Kirchen und ihre Besonderheiten vor.Die Kirchweihe am 4. November 1718 fand unter strengen Auflagen statt. Die Regierung hatte die Feier nur erlaubt, wenn alles mit Bescheidenheit vor sich gehe, ohne dass die evangelische Bevölkerung daran Anstoß nehme. Steffani hielt sich offenbar daran. Fast 225 Jahre lang stand das Gotteshaus unverändert und wurde im Jahr 1894 sogar von Papst Leo XIII. zur Propsteikirche erhoben.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde es in der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober 1943 Opfer eines Bombenangriffs. Der Dachstuhl geriet in Brand, Figuren, Altäre sowie die Orgel wurden zerstört, übrig blieben nur noch die Außenmauern. Mit dem Wiederaufbau erhielt die Kirche mehr als 200 Jahre nach ihrer Weihe nun auch die von Giusti geplante Kuppel. Am 24. November 1957 wurde der Neubau eingeweiht, dem Papst Johannes Paul II. im Jahr 1998 wegen seiner besonderen Bedeutung den Ehrentitel "Basilica minor" verlieh.
Sanierung geplant
Von der einst reichen barocken Innenausstattung ist heute nicht mehr viel zu sehen. Lediglich einige Überbleibsel wie Figuren der heiligen Clemens und Johannes Nepomuk im Chorraum sind noch vorhanden.
"Vieles, was heute in der Kirche steht, wurde nach dem Wiederaufbau singulär hinzugefügt und ist nicht aus einem Guss", sagt Propst Martin Tenge, der heutige Hausherr von Sankt Clemens. Auffällig sind die 1973 hinter dem Altar errichtete Orgel und die 1985/86 geschaffenen, etwas grob daherkommenden Apostelfiguren aus Alabasterstuck. Tenge plant bereits die Sanierung, bei der er den Innenraum gerne neu ordnen möchte.
In neuem Glanz erstrahlt bereits die Krypta, die ihre eigene wechselvolle Geschichte hat. Sie diente nach dem Bau der Kirche als Begräbnisstätte, wurde später jedoch aus Geldnot an eine Weinhandlung vermietet. Nach der Zerstörung der Oberkirche wurde sie zunächst als notdürftiger Gottesdienstraum genutzt, bevor am 10. Februar 1946 ein Hochwasser dafür sorgte, dass ihre Einrichtung komplett zerstört und die Knochen der Verstorbenen im Inneren verteilt wurden.
Totengedenken an Menschen ohne Grabstein
Mit der gerade abgeschlossenen Sanierung wurde sie zum Trauer- und Hoffnungsort umgestaltet. Auf einem Monitor am Eingang leuchten die Namen von verstorbenen Wohnungslosen und anonym Bestatteten auf. Dieser sogenannte "Epitaph des 21. Jahrhunderts" lade zum Gedenken an die Menschen ein, die niemals einen Grabstein bekommen, erklärt Tenge. Für ihn ist die Sanierung ein erster Schritt, um die Kirche "als einen Ort der Hoffnung" neu zu profilieren. Seit einer Reform im Jahr 2010 hat Sankt Clemens keine eigene Gemeinde mehr und gehört zum Gebiet der Pfarrei Sankt Heinrich.
Fünf Sonntagsgottesdienste ebenso wie Taufen und Trauungen gehören aber weiter zum regelmäßigen Programm. In Zukunft sollen häufiger Konzerte und Veranstaltungen stattfinden. Dass das Portal der Kirche nicht - wie sonst üblich - nach Westen, sondern nach Osten und damit zur Stadtmitte zeigt, ist für Tenge Programm: "Sankt Clemens soll allen Einwohnern der Stadt offenstehen."