Kirchen kritisieren fehlende Finanzierung von Forschungsprojekt

Aufarbeitung von DDR-Unrecht gegen Christen droht zu scheitern

Veröffentlicht am 05.11.2018 um 12:05 Uhr – Lesedauer: 

Erfurt ‐ Die thüringische Landesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag zur Aufarbeitung des SED-Unrechts verpflichtet. Ein wichtigtes Forschungsprojekt zur Unterdrückung von Christen in der DDR ist nun jedoch wegen fehlender staatlicher Förderung gescheitert.

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Die von der rot-rot-grünen Landesregierung in Thüringen vereinbarte Aufarbeitung der SED-Diktatur in der ehemaligen DDR droht teilweise zu scheitern. Wie die evangelische und katholische Kirche in dem Bundesland am Sonntag in einer gemeinsamen Stellungnahme mitteilten, sei die Finanzierung des Forschungsvorhabens "Bildungswege von Christinnen und Christen in der DDR nach dem Mauerbau – Staatliche Repressionen und biografische Folgen" über ein Förderprogramm von der Thüringer Aufbaubank abgelehnt worden.

Das Forschungsprojekt, das von der Arbeitsgemeinschaft "Christen, Kirchen und andere christliche Religionsgemeinschaften im DDR-Unrechtsstaat" angeregt worden war, war von der Landesregierung bislang als ein Beitrag zur Aufarbeitung des SED-Regimes vorgesehen worden. Das Projekt sollte unter Federführung des Erfurter Kirchenhistorikers Jörg Seiler in enger Zusammenarbeit mit einem interdisziplinären wissenschaftlichen Beirat an der Universität Erfurt bearbeitet werden.

Kirchen: Es wurde eine Chance vertan

Dass die staatliche Förderung für das Vorhaben nun entgegen der Aussagen der Landesregierung abgelehnt wurde, sorgte bei den Kirchen für Unmut. "Das Scheitern dieses für die Aufarbeitung der SED-Diktatur so wichtigen Forschungsvorhabens enttäuscht uns sehr", betonten der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr und die evangelische Bischöfin von Mitteldeutschland, Ilse Junkermann, in ihrer Erklärung. Mit der Ablehnung der Förderung durch die Aufbaubank sei weit mehr gescheitert als ein bloßer wissenschaftlicher Förderantrag. "Hier wurde die Chance vertan, die systematische und oft massive Benachteiligung von Christinnen und Christen in der DDR mit ihrer Wirkung bis heute umfassend zu beleuchten und den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, über Erlebtes und Erlittenes zu sprechen", so Neymeyr und Junkermann.

Mit Einrichtung der Arbeitsgemeinschaft "Christen, Kirchen und andere christliche Religionsgemeinschaften im DDR-Unrechtsstaat" im März vergangenen Jahres habe die Thüringer Staatskanzlei große Hoffnungen geweckt. "Wir Kirchen waren selbstverständlich bereit, unseren Sachverstand und unsere Netzwerke zur Verfügung zu stellen und die Landesregierung in ihrem Bestreben zu unterstützen, die Aufarbeitung der SED-Diktatur in Thüringen weiter voranzutreiben", betonten die beiden Kirchen. Umso mehr sei es zu bedauern, dass sich die seitens der Landesregierung vorgeschlagenen Förderstrukturen letztlich als ungeeignet erwiesen hätten. "Eine angemessene wissenschaftliche Erforschung des repressiven Umgangs mit der christlichen Bevölkerung des heutigen Thüringen in der Zeit der DDR steht damit weiter aus", erklärten die Bischöfe. (stz)