Am Gedenktag für Missbrauchsopfer

Gebet für Opfer sexueller Gewalt

Veröffentlicht am 18.11.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Heute ist der Gedenktag für Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche. Beten wir mit! Katholisch.de veröffentlicht das Gebet, das zu diesem Anlass verfasst wurde.

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Am 18. November ist der "Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch". Für die katholische Kirche hat Papst Franziskus angeregt, jährlich einen Gedenktag für Opfer sexuellen Missbrauchs zu begehen. Die Deutsche Bischofskonferenz legte für ihren Bereich fest, dass dieser Tag von den Kirchengemeinden rund um den 18. November begangen werden sollte - im Jahr 2018 zum ersten Mal.

Statistisch ist damit zu rechnen, dass in jeder Versammlung von mehr als vier Christinnen und Christen eine von sexueller Gewalt betroffene Person anwesend ist, teilten die Bischöfe zum diesjährigen Gedenktag mit. Denn sexualisierte Gewalt finde nicht nur in der Kirche statt. Der Gedenktag müsse deshalb "sensibel so gestaltet werden, dass er auch diejenigen nicht außer Acht lässt, die Opfer geworden sind im Kontext von Familie, Nachbarschaft, Schule und anderen Umfeldern".  

Betroffene leiden vielfach unter der Tabuisierung von Missbrauch in der Öffentlichkeit. Das öffentliche Gedenken im Gottesdienst ist ein Signal der Gemeinde, dass sie um Missbrauchserfahrungen weiß. Das Signal "Wir wissen um Euch" stärke Betroffene in ihrem Gefühl von Zugehörigkeit zur Gemeinde und der Gemeinschaft, heißt es in der Mitteilung. (luk)

Ein junger Mann sitzt auf einem Stuhl und blickt verzweifelt vor sich hin.
Bild: ©Kwest/Fotolia.com

Betroffene sexueller Gewalt leiden vielfach unter der Tabuisierung von Missbrauch in der Öffentlichkeit.

Gebet

Gott, du Freund des Lebens.
Du bist allen nahe, die bedrängt sind und leiden.
Wir denken heute besonders an die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen,
die sexuellen Missbrauch erleiden mussten und müssen – auch in deiner Kirche.

Wir klagen vor dir
über die Gewalt, die Täter ihren Opfern an Leib und Seele antun,
über zerstörtes Leben, das oft niemand wieder gut machen kann.
Du unser Gott, höre unsere Klage.

Wir bekennen vor dir
das Wegschauen, Schweigen und Nichtstun derer, die die Taten geahnt haben und ahnen.
Du unser Gott, höre unsere Klage.

Wir wollen darauf achten, was viele nicht sehen wollen:
sexuelle Übergriffe und den Missbrauch von Vertrauen und Macht.
Du unser Gott, steh uns bei.

Wir wollen hören
auf die Geschichten der Opfer.
Wir wollen Anteil nehmen
an ihrem Schmerz und ihrer Einsamkeit.
Du unser Gott, steh uns bei.

Wir wollen sprechen
von der Verantwortung, die jeder von uns trägt.
Wir wollen sprechen über Hilfe und Auswege aus der Not.
Du unser Gott, gib uns Kraft und Mut.

Wir wollen schweigen,
wo Erklärungen und Ratschläge nicht angebracht sind.
Du unser Gott, gib uns Kraft und Mut.

Wir wollen uns freuen
über die Stärke und Kraft der Betroffenen,
über die Solidarität derer, die sie begleiten,
über alle Menschen, die mitarbeiten, um einen besseren Schutz zu verwirklichen.
Du unser Gott, mach unsere Hoffnung stark.

Wir wollen hoffen
auf Aufbrüche und neues Leben schon in dieser Welt,
auf die Umkehr der schuldig Gewordenen,
auf deine Gerechtigkeit heute und am Ende der Zeiten,
auf Heilung aller Wunden, die allein du schenken kannst.
Du unser Gott, mach unsere Hoffnung stark.

Lebendiger Gott, sende uns deinen Geist und sei mit uns auf diesem Weg,
durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn.

Amen.

Hinweis

Der Text des Gebets stammt von Sabine Hesse, der Präventionsbeauftragten des Bistums Rottenburg-Stuttgart. Die Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz hat ihren Vorschlag für das Gebet gebilligt. Weitere Hinweise zu einer opfersensiblen Liturgie finden sich in der Arbeitshilfe "Kinder haben Rechte" aus dem Jahr 2016.