Klaus Pfeffer gegen "Denk- und Sprechverbote"

Essener Generalvikar kann sich Abschaffung des Zölibats vorstellen

Veröffentlicht am 15.11.2018 um 11:55 Uhr – Lesedauer: 

Essen ‐ Ohne "Denk- und Sprechverbote" will der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer über den Zölibat in der katholischen Kirche diskutieren. Man müsse sich kritisch mit der verpflichteten Ehelosigkeit der Priester auseinandersetzen. Dafür sieht er vor allem zwei Gründe.

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Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer hat Sympathien für Forderungen nach einer Abschaffung des Zölibats geäußert. Auch wenn dies eine weltkirchliche Frage sei, sei es wichtig, "dass wir darüber offen diskutieren und keine Denk- und Sprechverbote verhängen", sagte Pfeffer am Donnerstag in einem Interview der in Essen erscheinenden "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung".

Zur Begründung führte der Generalvikar den Priestermangel an, vor dem die Kirche nicht die Augen verschließen könne. Zwar habe dieser viele Gründe, "aber es wäre naiv zu glauben, der Zölibat wäre keiner davon". Pfeffer verwies darüber hinaus darauf, dass der Zölibat auch nach Ansicht der Forscher, die im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz die im September vorgelegte Studie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche durchgeführt hatten, schwer zu leben sei. "Wer so leben will, braucht eine hohe menschliche Reife. Die Forscher bezweifeln, dass unsere Priester hinreichend auf den Zölibat vorbereitet werden", so Pfeffer wörtlich. Dies dürfe nicht sein. "Wir dürfen junge Menschen mit diesem sensiblen Thema nicht allein lassen", betonte der Geistliche.

Generalvikar sieht "riesige Glaubwürdigkeitskrise" der Kirche

Pfeffer attestierte der Kirche in dem Interview zudem eine "riesige Glaubwürdigkeitskrise", die nicht nur mit dem Missbrauchsskandal der vergangenen Jahre zu tun habe. "Die katholische Kirche hat jahrzehntelang von einem hohen Ross herunter den Menschen gesagt, wie sie zu leben haben, gerade im Bereich der Sexualmoral", erklärte er. Doch plötzlich werde klar, wie zwiespältig die Institution Kirche sei: "Dass nämlich manche, die restriktive Botschaften verkündeten, nicht nur selbst weit hinter ihren Ansprüchen zurückgeblieben sind, sondern teilweise sogar Verbrechen begangen haben. Da kochen Wut und Enttäuschung so hoch, dass es für uns unglaublich schwer ist, Vertrauen zurückzugewinnen", sagte der Essener Generalvikar, der sich in der Vergangenheit bereist wiederholt in ähnlicher Weise geäußert hatte.

Mit Blick auf die anhaltend hohe Zahl der Kirchenaustritte warb Pfeffer für ein Umdenken bei den Gläubigen: "Wir müssen deutlich machen, dass man mit einem Austritt nicht einzelne Bischöfe oder eine anonyme Institution abstraft, sondern das Leben in unseren Gemeinden, Schulen, Kitas und sozialen Einrichtungen schwächt." Die Gesellschaft habe viel zu verlieren, wenn all das verschwinde, wofür die christlichen Kirchen stünden. "Nach wie vor finden viele Menschen in unseren Kirchen konkrete Lebenshilfe, finden Gemeinschaft und nicht zuletzt Werte und Orientierungen", so der Generalvikar. (stz)