Mauritius Choriol ist Mönch und Sternekoch
Alain Choriol machte seine Kochausbildung an der renommierten École Hôtelière in Straßburg. Später arbeitete er in verschiedenen Restaurants, zuletzt im luxemburgischen Sternerestaurant von Michel Behring. 1983 trat er in die Ordensgemeinschaft der Benediktiner der Abtei St. Mauritius in Tholey im Saarland ein. Seit 2014 ist er dort Abt. Und er kocht weiterhin wie einst im Sternerestaurant.
Frage: Wie oft kochen Sie im Kloster?
Abt Mauritius: Ich stehe fast täglich in der Küche. Vor kurzem war der Trierer Bischof Stephan Ackermann mit einigen Ministern des Saarlandes zu Gast bei uns im Kloster. Als Vorspeise gab es eine Kürbiscremesuppe, zum Hauptgang Schweinelendchen im Speckmantel mit einer Variation von frischen Pilzen, dazu ein Sellerie-Möhrenpüree und zum Nachtisch servierte ich eine Schoko-Tarte mit Vanilleeis und Lavendel.
Frage: Bereiten Sie das alles selbst zu?
Abt Mauritius: Ja, ich koche nahezu alles selbst. Ab und zu hilft mir der Prior in der Küche. Als Mönche in einer kleineren Gemeinschaft müssen wir sehr flexibel sein und überall dort mitanpacken, wo Hilfe gebraucht wird. Wenn wir größere Gruppen im Gästehaus haben, brauche ich jede freie Hand.
Frage: Was kostet bei Ihnen im Gästehaus ein Menü?
Abt Mauritius: Für unsere Tagungsgäste bieten wir ein Standardmenü mit drei Gängen für 22 Euro an. Zu besonderen Anlässen, Jubiläen oder runden Geburtstagen, bereite ich gerne aufwändigere Menüs zu und die liegen dann natürlich auch in ganz anderen Preislagen. Machbar ist vieles: Sushi, Ente, Lamm, Hummersalat oder Gänseleber. Alles, was das Herz begehrt. Solche Herausforderungen nehme ich gerne an, sofern es meine Zeit erlaubt.
Frage: Wie hat es dem Bischof geschmeckt?
Abt Mauritius: Bischof Ackermann hat mir versprochen, dass er wiederkommen wird. Ein größeres Kompliment gibt es nicht. Er ist öfter im Rahmen von Tagungen bei uns in der Abtei Tholey, er schätzt die Atmosphäre bei uns und genießt das gute Essen, ebenso die Minister. Letztes Jahr war auch ein Teil der Bischofskonferenz bei uns zum Essen.
Frage: Kochen Sie für Ihre Mitbrüder extra?
Abt Mauritius: Je nachdem. Wenn wir Tagungsgäste im Haus Lioba haben, ist es manchmal einfacher, wenn ich für alle das Gleiche koche. Aber die Mitbrüder essen nicht alles. Letztens gab es Austern. Damit es auch den wählerischen Brüdern schmeckt, habe ich die Austern gratiniert. Für manche ist das halt sehr exotisch. Letztendlich schmeckt es dann doch allen, was ich auftische. Sie schätzen meine Kochkünste. Zu besonderen Feiertagen oder zu Geburtstagen lasse ich mir gerne etwas Besonderes einfallen. Manchmal frage ich die Brüder auch, was sie sich wünschen. Da kommt schon einiges zusammen bei 14 Mönchen. Aber sie essen auch gerne mal eine Bratwurst. Ich verwende gerne Produkte aus unserem eigenen Gewächshaus oder aus der Imkerei. Fertigprodukte liegen mir gar nicht.
Frage: Wie passt das zusammen mit dem Armutsgelübde im Kloster?
Abt Mauritius: Als Mönch in Armut zu leben bedeutet, keinen persönlichen Besitz zu haben und stattdessen alles in Gemeinschaft zu teilen. Wir leben im Kloster nicht in Überfülle, sondern versuchen Maß zu halten und auch bewusst auf einiges zu verzichten. Wir haben zum Beispiel nur ein Fernsehgerät im Kloster. Aber es steht nirgendwo geschrieben, dass man im Kloster nicht auch gut essen darf. Was wir essen, ist Teil unserer Lebenskultur. Die Produkte der Natur verlangen Respekt und Wertschätzung, denn Gott hat sie uns gegeben. Umso bedauerlicher ist es, dass heute Produktivität und Gewinn oft im Vordergrund stehen. Ich achte beim Einkaufen daher immer auf gute Qualität und verzichte auf Billigprodukte. Hier halte ich es mit dem Grundsatz: "Lieber Klasse statt Masse", etwa beim Fleischeinkauf. Den Unterschied schmeckt man. Wir essen ja nicht jeden Tag Fleisch im Kloster. An manchen Tagen gibt es nur eine einfache, aber selbstgemachte Suppe. Armut kann also auch verkehrt verstanden werden. Der liebe Gott will die Menschen doch glücklich sehen. Armut bedeutet nicht, dass man beim Essen sparen soll oder gar ungesund lebt. Wie heißt es doch so schön: "In einem gesunden Körper lebt auch ein gesunder Geist."
Frage: Warum sind Sie Mönch geworden und nicht Sternekoch?
Abt Mauritius: Schon als Kind wollte ich unbedingt Koch werden und habe meinem Vater, der sehr gut kochen konnte, in die Töpfe geschaut. Aber es kam anders. Am höchsten Punkt meiner Kochkarriere, damals war ich 23 Jahre alt, verspürte ich eine tiefe Sehnsucht nach Gott. Seinerzeit habe ich mit Michael Behring, einem hervorragenden Spitzenkoch, zusammen gearbeitet. Wir haben zwei Michelin-Sterne für unser Essen bekommen. Das war schon großartig. Aber es reichte mir nicht mehr. Es war meine letzte Stelle als Koch. Damals wohnte ich neben einer Kirche. Bevor ich zur Arbeit ging, führte mein Weg immer in die Kirche, um zu beten. Nach und nach wurde mir klar, dass das ich ein geistliches Leben führen will.
Frage: Waren Sie traurig, die Kochkarriere aufgegeben zu haben?
Abt Mauritius: Nein. Vielleicht hätte ich als Koch Karriere machen können, wer weiß. Aber ich bin heute Abt und das ist auch nicht so schlecht. Für mich war die Sehnsucht stärker, Priester zu werden. Ich habe mir oft die Frage gestellt: "Gott, warum bin ich auf dieser Welt? Was macht mich glücklich?" Ich koche gerne, aber welche Zutaten machen mein Leben schmackhaft? Immer wieder verspürte ich so einen Appell, einen Anruf Gottes. Ich habe versucht, darauf eine Antwort zu geben. Zuerst war ich bei den Kartäusern in der Schweiz und bin dann bei den Benediktinern in Tholey gelandet. Hier habe ich meinen Platz gefunden.
Frage: Ist es als Mönch und Koch im Kloster nicht stressig, etwa bei der Einhaltung des Stundengebets zur Mittagszeit?
Abt Mauritius: Nein, im Gegenteil. Wenn ich viel zu tun habe, wie zurzeit mit der Renovierung unserer Klosterkirche, ist die Arbeit in der Küche für mich eine erholsame Pause, die mir guttut. Ich verpasse kaum eine Gebetszeit, außer wenn wir besondere Gäste oder größere Gruppen im Haus haben. Als Abt kann ich mich ja selbst von der Pflicht zum Chorgebet befreien und in der Küche bleiben. Das Chorgebet steht aber immer an erster Stelle.
Frage: Wollen Sie zwei Michelin-Sterne auch für Ihr Gästehaus?
Abt Mauritius: Nein, die brauche ich nicht. Was soll ich damit? Ich strebe nicht danach, ich will auch kein Restaurant aufmachen. In erster Linie bin ich Mönch und Abt. Und dann kommt erst das Kochen. Bei uns Benediktinern ist die Gastfreundschaft sehr wichtig. Wir nehmen Gäste immer wie Christus selbst bei uns auf. Wer zu uns kommt, soll gut essen und vielleicht auch Gott begegnen, gerne auch zwischen den Kochtöpfen. Ohne Tischgebet wird bei uns nicht gegessen, denn wir wollen Gott für seine guten Gaben danken. In unserer Ordensregel steht, dass niemand vom Dienst in der Küche verschont werden soll. Wer dort seine Arbeit gut macht, sammelt Punkte bei Gott. Ich gebe mir Mühe!
Frage: Würden Sie gerne mal für den Papst kochen?
Abt Mauritius: Also ich glaube, der hat bessere Köche. Aber wenn es sich ergeben würde, würde ich nicht Nein sagen. Ich würde mich dann natürlich vorher schlau machen, was Papst Franziskus gerne mag und was ihm schmeckt. Ich würde ihn auf jeden Fall verwöhnen wollen.
Frage: Was essen Sie eigentlich gerne?
Abt Mauritius: Schweinefuß im Netz ist mein Lieblingsessen. Knödel müssen es nicht unbedingt sein, denn die gab es während meines Studiums in Salzburg fast täglich. Besonders gern esse ich auch selbstgebackenes Brot mit Walnüssen und oben drauf Quark mit frischen Kräutern. Sehr lecker!