Erinnerung an deportierte Juden in Rom

Empörung in der Ewigen Stadt: "Stolpersteine" gestohlen

Veröffentlicht am 11.12.2018 um 11:45 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Sie sollen an die Deportation der Juden im Jahr 1943 erinnern. Doch jetzt wurden einige der eingelassenen Plaketten in der römischen Altstadt gewaltsam entfernt. Nicht nur die jüdische Gemeinde ist entsetzt.

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Der Diebstahl von 20 "Stolpersteinen" für deportierte Juden in Rom hat besorgte und empörte Reaktionen hervorgerufen. Die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Rom, Ruth Dureghello, sprach von einem schwerwiegenden Vorfall. Allerdings lasse sich die Erinnerung nicht auslöschen, schrieb sie auf Twitter. In der Nacht zu Montag hatten Unbekannte in der römischen Altstadt ins Pflaster eingelassene Messingplaketten mit den Namen und Lebensdaten einer jüdischen Familie herausgerissen. Die Polizei ermittelt.

Die für das Gedenkprojekt in Italien zuständige Adachiara Zevi machte das politische Klima in Italien für diesen "faschistischen und antisemitischen Angriff" mitverantwortlich. Die Regierung stachele zum Hass gegen andere auf, erklärte sie laut italienischen Medien. Der Präsident der Region Latium, Nicola Zingaretti, bezeichnete die Geste als "schändlich" und als Beleidigung des Gedenkens an jüdische Bürger, die im Konzentrationslager gestorben seien.

Die katholische Gemeinschaft Sant'Egidio, die sich unter anderem gegen Antisemitismus einsetzt, verurteilte den Diebstahl. Die Erinnerung an die Opfer deutscher Deportationen 1943 wie auch der Massenerschießungen in den Ardeatinischen Höhlen gegen eine Auslöschung zu verteidigen, sei umso wichtiger, als Rassismus und Diskriminierung wieder aufkeimten. Die Abgeordnete für den Stadtteil Monti, Nathalie Naim, nannte den Diebstahl auf Facebook "absurd und unbegreiflich".

Evangelische Kirche ist empört

Die Föderation der evangelischen Kirchen in Italien äußerte sich empört und bestürzt über den "Niedergang des politischen und kulturellen Diskurses". Ohne diese Erinnerung gerate auch in Vergessenheit, um welchen Preis Freiheit und Demokratie erkauft seien. Die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" (Onlineausgabe Montag) sprach von einer "äußerst schwerwiegenden" Tat und rief zur Beteiligung an einer Mahnwache auf.

Die 20 Plaketten waren im Januar 2012 durch den Initiator der "Stolperstein"-Initiative Gunter Demnig in der Via Madonna dei Monti 82 verlegt worden. Die von der jüdischen Gemeinde finanzierten kleinen Gedenksteine erinnerten an die Familie Di Consiglio, die in dem Haus unweit des Forum Romanum lebte. Angehörige starben sowohl im Zug der Deportationen durch die deutsche Besatzung 1943 als auch in Zusammenhang mit späteren Erschießungen.

In Rom gibt es nach Auskunft der Initiative rund 200 "Stolpersteine". In mehr als 1.260 Kommunen Deutschlands und in insgesamt rund 25 Ländern weltweit sind mittlerweile 70.000 der kleinen Mahnmale verlegt. (KNA)