An der Krippe gab es auch keine Türsteher
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In WAZ und WELT, in der BILD und auf katholisch.de wurde über die evangelische Gemeinde im Ruhrgebiet berichtet, die in diesem Jahr Eintrittskarten für den Besuch der Gottesdienste an Heiligabend verteilt. Mal abgesehen davon, dass ich die Bedenken nicht teile, nach denen Stehen im Gottesdienst ein Sicherheitsrisiko ist: Den Ärger in einer überfüllten Christmette – oder mehr noch nachmittags beim Krippenspiel – kennen wohl die meisten. Da werden eine Stunde vor Beginn schwere Lodenmäntel wie Badehandtücher über ganze Sitzreihen gelegt, um die besten Plätze zu reservieren. Ist ja auch klar – kämpft doch das Familienoberhaupt draußen im Starkregen noch um den letzten Parkplatz, der fußläufig von der Kirche erreichbar ist. Weinende Kinder müssen aufs Klo, das ungeheizt und verschlossen im Pfarrheim nebenan nur von der Küsterin persönlich freigegeben werden kann. Und im stimmungsvollen Dämmerlicht des Seitenschiffs fällt die Oma mit Rollator über das Krabbelkind auf dem Weg zur Tupperdose mit den Butterkeksen. Wer da nicht die Nerven verliert, hat keine mehr.
Sollte man, um dem vorzubeugen, Eintrittskarten verteilen? Auf keinen Fall! Stellen Sie sich vor, Josef hätte vor dem Stall zwei stämmige Hirten postiert, als doormen: "Kein Ticket? Du kommst hier nicht rein!" Im Ernst: Gerade an Weihnachten, wenn endlich der Schuppen mal voll ist, sollten die Christen alles vermeiden, was danach aussieht, sie wollten den Zugang zum Kind in der Krippe irgendwie reglementieren. Der große kleine Gott in seiner Armut ist der Gastgeber, niemand sonst. Und Kerngemeinde und Presbyterium, Immer-Sonntags-Christen und verdiente Ehrenamtliche haben keine besseren (Eintritts-)Karten als alle anderen.
Stattdessen gastlich sein, weil wir keine Gastgeber sind, sondern selber eingeladen: Pfadfinder mit Fackeln raus vor die Kirche, Verkehr regeln, Parkplätze zuweisen, Menschen mit Schirm zum Kirchenportal bringen. Küsterwohnung aufschließen und Wickelraum einrichten. Tee für alle, die schon zwei Stunden vor Gottesdienstbeginn da sind – von wegen beste Plätze. Und mitten in der Kirche drei Bänke raus und Platz für Alte und ganz Junge schaffen, die Räder brauchen, um Weihnachten an der Krippe sitzen oder liegen zu können. Presbyterium und Pfarreirat kümmern sich um alles und gehen dann am zweiten Weihnachtstag in Ruhe zum Gottesdienst. Denn da kommt ja sonst keiner.