Welche Kurie will der Papst?
Effizienter, schlanker und sparsamer soll die vatikanische Kurie der Zukunft sein, an deren Reform der Papst und sein Kardinalsrat inzwischen seit gut fünf Jahren arbeiten. Arbeitsabläufe und Leitungsstrukturen sollen optimiert werden, und der Apparat von einem Macht- zu einem Dienstinstrument für die Ortskirchen in aller Welt umgebaut werden. Der zuständige "K9-Rat", der inzwischen zu einem "K6-Rat" geschrumpft ist, hat diese Woche letzte Hand an die Reform angelegt. Der Entwurf wird nun von Experten stilistisch und juristisch überarbeitet, damit der Papst möglicherweise in der ersten Hälfte des kommenden Jahres die fünfte Kurienordnung der Kirchengeschichte erlassen kann.
Allerdings: Die vor wenigen Tagen beendete 27. Konferenzrunde des Kardinalsrats war überschattet von Personalveränderungen, die sich freilich seit längerem abgezeichnet hatten. Ende Oktober habe der Papst die drei Gründungsmitglieder George Pell (77), Laurent Monsengwo Pasinya (79) und Francisco Javier Errazuriz Ossa (85) mit einem Dankesschreiben verabschiedet, hieß es am Mittwoch in einer knappen Presseerklärung. Begründet wurde dies etwas verschwommen mit Altersgründen, mit einem Rücktrittsgesuch der Kardinäle und dem Ende der im Vatikan üblichen Fünf-Jahres-Berufung. Freilich sind Pell und Errazuriz seit längerem durch Verwicklungen in Missbrauchsskandale angeschlagen. Allerdings behält Pell, der seit eineinhalb Jahr für ein Gerichtsverfahren in Australien beurlaubt ist, formell sein Amt als Präfekt des Wirtschaftssekretariats. Der Vatikan hält sich offensichtlich an die Unschuldsvermutung. Nachberufungen für den Kardinalsrat wollte Franziskus wohl wegen des fortgeschrittenen Stadiums der Reform vorerst nicht vornehmen.
Wie soll die Kurie der Zukunft finanziert werden?
Offen ist unterdessen jedoch, wie die Kurie der Zukunft finanziert werden soll – angesichts knapper Kassen, sinkender Einnahmen und steigender Personalkosten. Medienspekulationen sorgten hier zuletzt für einige Irritationen. Zum ersten Mal drangen aus dem Kardinalsrat Überlegungen und Vorschläge über die Finanzierung der künftigen Kurie nach draußen, die einige Brisanz beinhalteten. Es ist bekannt, dass der Vatikan seine Betriebsausgaben senken muss, unter denen die Personalkosten den höchsten Posten bilden. Freilich stünden Entlassungen oder betriebsbedingte Kündigungen nicht zur Debatte, hält das Schlusskommunique nochmals fest.
Rubrik: Vatikan
Der Vatikan, das war (und ist) eigentlich ein Hügel westlich des Tibers und der römischen Innenstadt. Seit langem ist der Name aber auch ein Synonym für den "Staat der Vatikanstadt", die Kurie des Papstes und die katholische Kirche allgemein. Katholisch.de stellt den kleinsten Staat der Welt vor.Als mögliche Lösungen nannte der Münchener Kardinal Reinhard Marx, der als Koordinator des Wirtschaftsrates diesen Part im K6-Rat zu präsentieren hatte, eine größere Mobilität, interne Versetzungen, aber auch Frühpensionierungen. In allen Dikasterien empfahl er zudem genauere Arbeitsplatzbeschreibungen, um die Effizienz auszuloten. Außerdem regte Marx längerfristige Budget-Planungen von fünf bis zehn Jahren an, um eine größere Planungssicherheit zu ermöglichen.
Und genau darum kam es in italienischen Medien zu heftiger Verwirrung. "Vatikan in der Krise: Ein Drittel der Angestellten in Frühpension", titelte die römische Zeitung "Il Messaggero" am Donnerstag. Der Vatikan müsse in den kommenden zehn Jahren 1.500 der derzeit rund 4.800 Mitarbeiter der Kurie oder des Vatikanstaates in Pension oder Frühpension schicken. Eine Bestätigung für die Zahl gibt es nicht. Und Experten halten eine Reduzierung in einer solchen Größenordnung für undenkbar.
Nur 20 Mitarbeiter im für die Ökumene zuständigen Einheitsrat
In der Tat hatte der Vatikan bald nach dem Amtsantritt von Papst Franziskus einen Einstellungsstopp verfügt. Frei werdende Stellen sollten nicht nachbesetzt werden, lautete eine der ersten Verfügungen von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Nach und nach wurde die Order jedoch aufgeweicht, man stellte wieder Personal ein.
Denn der Vatikan arbeite – insbesondere in den Kongregationen und Räten – bereits mit einer so dünnen Personaldecke, dass bei einer weiteren Verknappung wichtige Aufgaben nicht mehr wahrgenommen werden könnten, so Insider. Der für die Ökumene zuständige Päpstliche Einheitsrat etwa hat nur 20 Mitarbeiter, vom Präsidenten bis zum Pförtner. Zehn Priester kümmern sich dort um die Dialoge, die die katholische Kirche weltweit mit anderen Konfessionen führt. Das vatikanische Außenministerium ist sogar kleiner als das von San Marino. Aufgestockt werden musste unterdessen in letzter Zeit die Disziplinarabteilung der Glaubenskongregation, die für die Bearbeitung der Missbrauchsfälle zuständig ist.
Einsparungen der Kurienausgaben sind freilich notwendig. Denn die Mittel, aus denen der Vatikan-Apparat finanziert wird, gehen zurück. Zum Unterhalt der Kurie tragen vor allem Beiträge aus dem Gewinn des vatikanischen Governatorats (etwa aus dem Eintrittsgebühren für die Vatikanmuseen) oder der Vatikanbank IOR bei, die seit einigen Jahren wieder konsolidiert scheint. Unterdessen ist das Spendenaufkommen jedoch rückläufig. Gleiches gilt für die Zuwendungen von Ordensgemeinschaften, seit diese Nachwuchssorgen haben und Klöster aufgeben müssen. Zudem sind die Erträge aus Aktien und Anleihen – ein anderes Standbein der Kurienfinanzierung – den Schwankungen der Weltwirtschaft ausgesetzt.
Die Kurienreform wird auf der letzten Etappe noch einmal spannend
Allerdings: Der Vatikan hat schon länger keine Haushaltszahlen mehr veröffentlicht. Die letzten Eckdaten beziehen sich auf das Jahr 2015; damals verbuchten die Kurienbehörden des Heiligen Stuhls ein Defizit von 12,4 Millionen Euro, während der Vatikanstaat ein Plus von 59,9 Millionen Euro verzeichnete. Ein Gesamtvolumen wurde nicht genannt.
So oder so: Der Vatikan wird um Einsparungen und auch um eine gewisse Reduzierung seines Personals auf Dauer nicht herum kommen. Nicht jede freiwerdende Stelle wird sofort nachbesetzt werden können. Und so schauen Beobachter zunächst auf die großen Behörden. Das neue Medien-Dikasterium etwa hat nach der Zusammenlegung aus neun Einzelbehörden aktuell rund 630 Mitarbeiter. Im Zuge der gemeinsamen Verwaltung zeichnet sich dort mittelfristig Einsparpotential ab. Ebenso im Governatorat mit seinen fast 2.000 Mitarbeitern; auch dort wurden Abteilungen zusammengelegt. Aber auch im Bereich der Kurien-Ministerien sind wohl noch weitere Zusammenlegungen vorgesehen. Damit aber stellt sich mehr denn je die Frage: Welche Kurie will der Papst? Die Reform wird auf der letzten Etappe noch einmal spannend.