Was Bill Murray mit Mariä Lichtmess zu tun hat
Punxsutawney ist eine 6.000-Einwohner-Kleinstadt im US-Bundesstaat Pennsylvania. Dennoch dürfte sie über die Grenzen Pennsylvanias und der Vereinigten Staaten hinaus bekannt sein: Jedes Jahr am 2. Februar, wenn die Katholiken das Fest "Darstellung des Herrn" oder "Mariä Lichtmess" begehen, wird dort der "Murmeltiertag " gefeiert: An diesem Tag soll das Waldmurmeltier "Punxsutawney Phil" prophezeien, wie es mit dem Winter weitergeht. Der Legende nach bleibt es in der Region noch mindestens sechs Wochen harter Winter, wenn Phil bei seinem ersten Ausblick aus seinem Bau seinen eigenen Schatten sieht. Sieht er seinen Schatten nicht, beginnt der Frühling.
Tausende Besucher kommen jährlich zu dem Ereignis in die pennsylvanische Provinz – vor allem seit dem Filmklassiker "Und täglich grüßt das Murmeltier" aus dem Jahr 1993. Darin muss Bill Murray alias TV-Wetteransager Phil Connors für einen Beitrag über den Murmeltiertag nach Punxsutawney reisen. Weil er in einer Zeitschleife gefangen ist, erlebt er den 2. Februar dort immer wieder.
Ein entscheidender Tag für das Wetter
Was hat der Murmeltiertag mit dem Fest "Mariä Lichtmess" zu tun? Auf den ersten Blick recht wenig. Wirft man allerdings einen genaueren Blick auf die Bedeutung dieses Tages, wird der Zusammenhang klar. In früheren Zeiten galt der 2. Februar als "Lostag": Das Wetter an diesem Tag galt vielen Bauern als Omen für die meteorologischen Verhältnisse der kommenden Wochen – was für die Verrichtung der landwirtschaftlichen Arbeit höchst bedeutsam war. Aus diesem Grund sind auch einige Bauernregeln zu Mariä Lichtmess entstanden, zum Beispiel: "Wenn's an Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit; ist es aber klar und hell, kommt der Lenz wohl nicht so schnell."
Der US-amerikanische Murmeltiertag verdankt sich vermutlich auch einer solchen Volksweisheit, die deutsche Einwanderer einst in die Neue Welt mitbrachten. So ist etwa aus Westfalen überliefert: "Wenn der Dachs zu Maria Lichtmessen, mittags zwischen 11 und 12 Uhr seinen Schatten sieht, so muss er noch vier Wochen in seinem Baue bleiben." Da es in Pennsylvania keine Dachse gibt, wurde ein ähnlicher Winterschläfer verpflichtet: das verbreitete, tagaktive und leicht zu beobachtende Waldmurmeltier. Seit 1887 werden in Punxsutawney die Vorhersagen festgehalten. Die Trefferquote soll bei etwa 40 Prozent liegen.
In Deutschland werden an Mariä Lichtmess keine Dachse oder Murmeltiere öffentlichkeitswirksam beobachtet. In einigen Gegenden machen jedoch bis heute erhaltene Traditionen und Bräuche bewusst, welche Bedeutung dieser Tag für die Gläubigen einst hatte. Früher schloss Mariä Lichtmess den Weihnachtsfestkreis endgültig ab. Bis 1912 war das kirchliche Fest sogar ein staatlicher Feiertag. In den Gottesdiensten kommt auch heute noch vielerorts mit Lichterprozessionen und einer Kerzenweihe nochmal die weihnachtliche Lichtsymbolik zur Geltung. Traditionell wird dabei der Jahresbedarf an Kerzen für die Kirchen geweiht.
Kerzen mit Schutzfunktion
Viele Gläubigen bringen bis heute an diesem Tag ihre Kerzen für den häuslichen Gebrauch zur Segnung mit. Von den gesegneten Kerzen glaubte man früher – teilweise auch heute noch –, dass sie Unheil abwehren. Besonders die schwarzen Wetterkerzen sollten vor Gewitter und Stürmen schützen. Dem Wachs von an Lichtmess geweihten Kerzen wurde im Volksglauben nämlich hohe Schutzkraft zugeschrieben. Um den Bedarf an Kerzen für die Leute zu decken, gab es früher sogar Wachsmärkte, sogenannte Lichtermessen.
Ein weiterer Brauch war das gemeinsame Beten des Rosenkranzes in der Hausgemeinschaft. Dazu brannten so viele Kerzen, wie Personen im Raum anwesend waren. Je nachdem wie sich die Flamme der Kerzen beim Beten veränderte, sollte sich die Zukunft der Anwesenden verändern. Gebetet wurde so lange, bis die Kerzen erloschen waren.
Nicht nur wegen der Wetterprognosen war Mariä Lichtmess ein besonderer Tag für diejenigen, die in der Landwirtschaft tätig waren. Am 2. Februar endete das bäuerliche Wirtschaftsjahr. In Süddeutschland hieß er "Schlenkeltag". "Schlenkeln" kommt aus dem bairischen Sprachraum und bedeutet laut Sprachforschern so viel wie "Ausscheiden der Dienstboten aus dem Arbeitsverhältnis". Dienstleute wie Knechte und Mägde erhielten an Mariä Lichtmess ihren Jahreslohn und konnten sich bei ihrem Arbeitgeber per Handschlag für ein weiteres Jahr verpflichten oder den Dienstherrn wechseln. Bis zum 5. Februar, dem Gedenktag der heiligen Agatha, hatten die Knechte und Mägde meist frei. Diese freien Tage wurden "Schlenkweil" genannt. Nach Lichtmess begann für die Bauern die Vorbereitung auf die neue Feldarbeit.
Ein Pfannkuchen als Sonnensymbol
Ein leckerer Brauch zu Mariä Lichtmess hat sich in Frankreich erhalten. Dort heißt der Tag "La Chandeleur", was übersetzt so viel wie Kerzenfest heißt. Dort werden am 2. Februar in vielen Haushalten Pfannkuchen zubereitet. Diese werden gemäß der Tradition aufgrund ihrer Form und Farbe als Symbol für die Sonne gesehen, deren Licht die Dunkelheit des Winters vertreibt. Aus diesem Grund wird dieser Tag in Frankreich auch "Eierkuchenfest" genannt. Früher sollen die Leute in Frankreich sogar die Teigreste der Weihnachtszeit benutzt haben, um daraus an "La Chandeleur" die Pfannkuchen zu backen.
Mit ein bisschen Geschick soll man bei der Herstellung der Pfannkuchen sogar reich werden können. Der Legende nach soll der, der dabei ein Goldstück in der linken Hand hält, im kommenden Jahr mit Glück und Reichtum gesegnet sein. Einzige Voraussetzung: Die Pfanne muss mit der rechten Hand gehalten, der erste Pfannkuchen von der Pfanne aus in die Luft geworfen werden und nach genau einer Umdrehung dort wieder landen. Dieser Brauch ist auch im Rheinland bekannt. Doch während der Franzose seine Kreation kunstvoll "Crêpes" nennt, mag es der Rheinländer etwas volkstümlicher: Er isst an Mariä Lichtmess seine "Kreppchen".
Dieser Artikel erschien zuerst am 2. Februar 2019 und wurde nun erneut veröffentlicht.