Bundestag beschließt Reform von Paragraf 219a
Schwangere Frauen in Notsituationen sollen sich künftig besser über Ärzte informieren können, die Abtreibungen durchführen. Eine entsprechende Reform beschloss der Bundestag nach einer sehr emotionalen Debatte am Donnerstagabend, die knapp eine Stunde gedauert hatte. Zugleich sollen praktizierende Ärzte mehr Rechtssicherheit erhalten. 371 Abgeordnete stimmten für den Entwurf der Fraktionen von Union und SPD, 277 Parlamentarier votierten gegen die Pläne der Regierung. Grüne, Linke und FDP hatten für eine völlige Abschaffung des umstrittenen Paragrafen 219a des Strafgesetzbuchs plädiert. Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen.
Nach monatelangem Streit hatte sich die Bundesregierung auf einen Kompromiss für eine Reform geeignet; diese sieht eine Ergänzung des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch vor. Der Paragraf selbst untersagt das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Abtreibungen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in "grob anstößiger Weise" geschieht.
Nach dem Kompromiss sollen Ärzte und Krankenhäuser etwa auf ihrer Internetseite darüber informieren dürfen, dass sie Abtreibungen gemäß den gesetzlichen Voraussetzungen vornehmen. Zudem soll die Bundesärztekammer eine ständig aktualisierte Liste der Ärzte und Krankenhäuser erstellen, die Abbrüche durchführen.
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Die Opposition kritisierte den Entwurf. Die ärztliche Information bleibe limitiert, erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Cornelia Möhring. Dies gebe es in keinem anderen Land Europas. In Richtung der SPD sagte sie: "Sie haben es versemmelt! Hören Sie endlich auf, den Kompromiss schönzureden." Die rechtspolitische Sprecherin der Grünen, Katja Keul, betonte, das Gesetz bringe auch keinerlei Rechtssicherheit für Ärzte. Die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Nicole Bauer, nannte den Entwurf "zutiefst beschämend - sowohl aus juristischer als auch aus frauenpolitischer Sicht". Das Thema sei machtpolitisch missbraucht worden.
Die AfD-Fraktionsvize Beatrix von Storch kritisierte dagegen, dass das Gesetz überhaupt geändert werde. Sie hielt den Abgeordneten der Union vor, dass diese "das Christliche jetzt wohl endgültig streichen" könne. Nach der Legalisierung der "Ehe für alle" betreibe sie eine "Kapitulation auf Raten". Von Storch bezeichnete den Gesetzentwurf als "weiteren Schritt auf dem Weg zur Abschaffung des Paragrafen 218". Mit Blick auf die Kirchen meinte sie, deren "Schweigen ist ohrenbetäubend".
Die Regierungsfraktionen verteidigten den Entwurf. Unions-Fraktionsvize Nadine Schön (CDU) bezeichnete den Entwurf als gelungenen Kompromiss, der die unterschiedlichsten Positionen gut zusammenbinde. Der Union sei es wichtig, dass das Werbeverbot nicht gestrichen werde: "So machen wir deutlich, dass ein Schwangerschaftsabbruch keine medizinische Leistung ist wie andere."
Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Karl Lauterbach, räumte ein, dass der Entwurf zwar nicht das sei, "was sich die SPD gewünscht" habe. "Eine klare Abschaffung wäre aus meiner Sicht die sauberste Lösung gewesen", so Lauterbach. Der Kompromiss sei aber ein wichtiger Schritt. (rom/KNA/epd)