Veronica Openibo sprach beim Anti-Missbrauchsgipfel

Ordensobere: Brauchen radikale Reform der Ausbildung Geistlicher

Veröffentlicht am 23.02.2019 um 11:25 Uhr – Lesedauer: 
Ordensobere: Brauchen radikale Reform der Ausbildung Geistlicher
Bild: © KNA

Vatikanstadt ‐ Kirchliche Ausbildungshäuser müssten ernsthaft in Frage gestellt werden – denn sie förderten bei künftigen Geistlichen ein falsches Überlegenheitsgefühl: Veronica Openibo sprach als erste Ordensfrau beim Anti-Missbrauchsgipfel – und fand deutliche Worte.

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Die nigerianische Ordensobere Veronica Openibo hat katholische Kirchenführer aus allen Erdteilen aufgefordert, die Ausbildung von Priestern und Ordensleuten grundlegend zu überdenken. Angesichts des sexuellen Missbrauchs müssten die Knabenseminare und andere kirchliche Ausbildungshäuser, die bei künftigen Geistlichen ein falsches Gefühl von Überlegenheit förderten, ernsthaft in Frage gestellt werden. Openibo äußerte sich am Samstag als erste Ordensfrau beim weltweiten Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan.

"Es bereitet mir Sorge, wenn ich sehe, wie hier in Rom und anderswo die jüngsten Seminaristen behandelt werden, als wären sie etwas Besonderes. Denn das fördert in ihnen eine falsche Selbstwahrnehmung über ihren eigenen Status", erklärte Openibo, die auch Vorstandsmitglied der weltweiten Vereinigung der weiblichen Ordensoberen (UISG) ist.

Die Ordensobere, die den anwesenden Papst Franziskus auf Englisch als "Brother Francis" ansprach, lobte ihn für seinen Lernprozess in der chilenischen Missbrauchskrise der vergangenen fünf Jahre. Als guter Jesuit sei er demütig genug gewesen, seine Meinung zu ändern, sich zu entschuldigen und zu handeln. Darin sei er für alle Kirchenoberen ein Vorbild.

Gleichzeitig dankte sie dem Papst dafür, dass er es erstmals den weiblichen Ordensoberen ermöglicht hat, bei einer weltweiten Bischofsversammlung im Vatikan gleichberechtigt das Wort zu ergreifen. Um die Bischöfe künftig zu mehr Rechenschaft für ihr Handeln, insbesondere beim Vorgehen gegen Missbrauch zu zwingen, schlug Openibo die Schaffung gemischter Kommissionen in jedem Bistum vor. Diese sollten das Vorgehen der Bischöfe kritisch begleiten, sagte die Ordensfrau.

"Dummes Nönnchen" und "Schwesterchen"

In der vergangenen Woche hatte die Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK), Schwester Katharina Kluitmann, das Machtgefälle in den Orden als missbrauchsbegünstigend kritisiert. Ordensfrauen stünden grundsätzlich in der kirchlichen Hierarchie unter den Klerikern, sagte sie im Interview der Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse (Sonntag) in Osnabrück. Formulierungen wie "dummes Nönnchen" oder "Schwesterchen" machten das deutlich. "Es gibt keinen einvernehmlichen Sex in Beziehungen, in denen es ein Machtgefälle gibt", so Kluitmann. Äußerungen wie "Die ist doch erwachsen" seien "völlig falsch und sehr verletzend".

Sie wisse von Missbrauchsfällen, in denen etwa eine Novizenmeisterin die Novizin missbrauche oder ein Priester eine Ordensfrau, sagte Kluitmann. Sie denke zwar nicht, dass das in Deutschland ein Massenphänomen sei oder die Taten systematisch geschähen. Allerdings könnten die Grundlagen dahinter systematischen Charakter haben. (tmg/KNA)