Die Auferstehung Christi in der Kunst
Ostern: Der Sohn Gottes besiegt den Tod und verspricht damit allen, die an ihn glauben, das ewige Leben. Dieses Ereignis ist wesentlich für den christlichen Glauben. Doch jahrhundertelang wird dieser zentrale Moment des Christentums in der Kunst nicht dargestellt. Die frühen Christen nutzen zunächst Symbole wie das Christusmonogramm im Lorbeerkranz oder das Osterlamm. Die vier Evangelien berichten nicht über den tatsächlichen Vorgang der Auferstehung. Sie lassen stattdessen die Frauen und Jünger auftreten, die die Tat Gottes bezeugen. Die drei Marien, die das leere Grab finden und auf den Engel treffen, finden sich ab dem vierten Jahrhundert in der Kunst. In den orthodoxen Kirchen sind Szenen der Höllenfahrt Christi weit verbreitet. Der ungläubige Thomas oder Maria Magdalena, die dem Auferstandenen im Garten begegnet, ihn aber nicht berühren darf (noli me tangere) werden ebenso verwendet. Erst seit dem 12. Jahrhundert malen oder gestalten Künstler den Vorgang der Auferstehung und stellen Christus dabei dar, wie er aus dem Grab steigt. Seitdem hat die Kunst eine unglaubliche Vielfalt an Auferstehungen hervorgebracht, von denen eine kleine Auswahl hier vorgestellt wird.
Fra Angelico – Die Auferstehung Christi und die Frauen am Grab, 1440-1442
Auf der Schwelle vom Mittelalter zur Renaissance malt Fra Angelico eine doppelte Szene: Die Frauen kommen zum Grab und finden den Engel vor, der ihnen sagt, Christus sei auferstanden (Mk 16, 1-8). Sie können es kaum glauben, Maria Magdalena sieht sogar noch in den Sarkophag hinein, als würde sie nach Jesus Ausschau halten. Der Auferstandene schwebt über ihnen. Fra Angelico orientiert sich hier an einem mittelalterlichen Bildtypus, der Christus senkrecht über dem Grab schwebend darstellt. Das soll den Kontrast zur Grablege betonen. Christus ist noch Teil des Bildes, aber nicht mehr ganz Teil der Szene. Wolkenschleier trennen ihn bereits von der irdischen Sphäre. Umrahmt von einem mandelförmigen Kranz aus göttlichem Licht, der Mandorla, hält er die Kreuzesfahne und den Palmzweig als Zeichen seines Sieges über den Tod. Vor dem Eintritt in den Dominikanerorden illustrierte Fra Angelico Handschriften. Zur Erbauung seiner Mitbrüder bemalte er die Wände der Räume seines Heimatklosters San Marco in Florenz mit Fresken. Schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts erschienenen Biographie von Giorgio Vasari wird er Fra Giovanni Angelico (der Engelsgleiche) genannt. Er gilt heute als einer der bedeutendsten Künstler der Frührenaissance.
Peter Paul Rubens – Die Auferstehung Christi, 1611-1612
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Auch der auferstandene Christus, den Peter Paul Rubens für das Epitaph von Jan Moretus und seiner Frau Martina Plantijn malte, trägt Palmzweig und Siegesfahne. Doch anders als die statischen Darstellungen des Mittelalters ist dieser Christus voller Bewegung. Vor Kraft strotzend tritt er aus der Grabhöhle heraus. Die Folgen der Marter oder die Wundmale sind nicht zu sehen. Rubens feiert den perfekten Körper als deutlichen Sieg des Lebens über den Tod. Doch trotz der betont körperlich-menschlichen Form ist dieser Christus klar von der irdischen Szenerie zu unterscheiden. Das vermittelt Rubens durch Helligkeitskontraste: während die zu Boden stürzenden Legionäre von schwachem Licht beschienen werden, scheint Christus aus sich selbst heraus zu strahlen. Das von ihm ausgehende, göttliche Licht ist so hell, dass einer der Legionäre seine Augen davor abschirmt. Der 1577 im westfälischen Siegen geborene Peter Paul Rubens gilt als einer der bedeutendsten Maler des Barock. Schon zu Lebzeiten ein Künstler-Star, beschäftigte er in Antwerpen eine Werkstatt mit mehreren Schülern.
Bill Viola – Emergence, 2002
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Zwei Frauen sitzen an einem Marmorbrunnen. Plötzlich durchbricht der Kopf eines jungen Mannes die Wasseroberfläche. Es scheint, als würde ihn irgendeine Kraft nach oben drücken, denn der Mann bewegt selbst keinen Muskel. Kaskaden von Wasser ergießen sich über die weißen Stufen und die beiden Frauen wenden sich dem Mann zu. Als der blasse Körper zu zwei Dritteln aufgetaucht ist, knickt er nach links ein. Die ältere Frau fängt ihn auf, die junge Frau greift nach seinem Arm. Gemeinsam heben sie ihn aus dem Brunnen und legen ihn auf den Boden. Dort bedecken sie ihn mit einem weißen Tuch. Die ältere Frau hält den Oberkörper des Mannes und bricht in Tränen aus, die junge Frau umarmt den reglosen Torso. Dies alles geschieht in extremer slow motion. Bewusst lässt Videokünstler Bill Viola die Bedeutung seines Werks offen: "Für unser heutiges Auge ist es ein Ertrinken; für mein inneres Auge ist es eine Geburtshilfe." Im Christentum hat das Element Wasser eine ambivalente Bedeutung, es kann zerstörerische Flut oder lebenspendendes Nass sein. Genau damit spielt Viola und lässt Sterben und Geboren-werden in Dauerschleife ablaufen. In seinem Brief an die Römer schreibt der Apostel Paulus, dass der Mensch in der Taufe symbolisch mit Christus stirbt und wieder aufersteht. Der US-amerikanische Videokünstler Bill Viola wurde 1951 geboren. Er studierte an der Syracuse University Elektronische Musik, Videokunst und Malerei. Viola ist einer der bekanntesten Videokünstler der Welt.
Carl Bloch – Die Auferstehung Christi, 1875
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Die massive Felsplatte vor dem Grab ist nicht einfach weggerollt, sondern zerborsten. Unten rechts erkennt man die noch schwelenden Reste eines Feuers. Die Soldaten müssen den Schauplatz so überstürzt verlassen haben, dass sie ihre Waffen liegen gelassen haben. Doch diese Dramatik kontrastiert der Maler Carl Bloch mit einer andächtigen, fast unwirklichen Ruhe seiner Figuren. Christus steht unbewegt mit erhobenen Armen da und blickt zum Himmel auf. Links und rechts von ihm knien zwei Engel ebenso regungslos in Anbetung. Typisch für die religiöse Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts mischt Bloch hier eine realistische Malweise mit der Formensprache des späten Mittelalters. Was auf das moderne Auge ein wenig steif wirkt, sollte die Erhabenheit des Auferstehungsmoments vermitteln. Der Däne Bloch sollte eigentlich Seemann werden. Doch früh zeigte sich sein künstlerisches Talent, sodass er Kunst studieren konnte. Die Auferstehung Christi, die er für die Kopenhagener Jakobskirche schuf, zählt zu seinen bekanntesten Werken.
Maria Lehnen – flying wings III, 1998
Hagere, menschenförmige Figuren, mit Stoffbahnen eng eingeschnürt: Maria Lehnens dunkle Körper-Bündel erinnern an Mumien oder Leichen. Doch den "Karsamstagsbildern", wie der Bonner Liturgiewissenschaftler Albert Gerhards sie einmal genannt hat, stellt Lehnen die "flying wings" gegenüber. Denn auf den Tag der Grabesruhe folgt Ostern. Diese Skulpturen sind aufgebrochen, geborstene Hüllen, strahlend weiß. "In einem ganz ursprünglichen Sinne kann diese Ent-Bindung, diese Ent-Wicklung als eine Wiedergeburt verstanden werden", sagt Gerhards. Die Assoziation zu einem Kokon, aus dem ein Schmetterling geschlüpft ist, liegt nahe. Wegen seiner Metamorphose war der Schmetterling schon in der frühchristlichen Kunst ein Symbol für die Auferstehung. Das Werk "flying wings III" besteht aus einem Polyestergerüst, das Lehnen mit weißen Leinenbahnen umwickelt hat. Wie die Leinenbinden im leeren Grab, die die zwei Jünger am Ostermorgen finden (Joh 20,1-10), kündet der leere Kokon von einer Auferstehung. Maria Lehnen wurde 1949 geboren. Die gelernte Krankenpflegerin war Meisterschülerin bei Karl Bobek an der Kunstakademie Düsseldorf. Sie wirkt seit 1979 als Malerin und Bildhauerin in Mönchengladbach.
Matthias Grünewald – Auferstehung Christi, 1512-1516
Seit dem Mittelalter ist der Sonnenaufgang ein verbreitetes Motiv für die Auferstehung. Matthias Grünewald geht in seinem Bildprogramm für den Isenheimer Altar einen Schritt weiter und stellt den Auferstandenen als Gestalt aus reinem Licht dar. Sein Körper strahlt in Weiß und Sonnengelb, er ist umgeben von einem orangen Lichtkreis. Der Kopf verschmilzt geradezu mit dieser Sonne. Christus zeigt dem Betrachter seine Wundmale, Grünewald hat die blutroten Stellen durch eigene Lichtkränze sogar noch hervorgehoben. Denn ohne Kreuzestod kann es keine Erlösung geben. Das Gemälde vereint Auferstehung, Himmelfahrt und Verklärung in einem einzigen mystischen Moment. Während Christus aus dem Grab steigt, stürzen die Soldaten erschüttert zu Boden. Das Grabtuch, an seinem unteren Ende noch weiß, verändert seine Farbe. Vom Wind gebauscht wird es blau, grün, rot und gelb. Bis heute konnte die Identität des Künstlers, der den Isenheimer Altar schuf, nicht abschließend geklärt werden. Die Bilder werden einem Mathis Nithart oder Gothart, genannt Matthias Grünewald, zugeschrieben. Das Kunstwerk war für die Klosterkirche des Antoniterordens im elsässischen Isenheim vorgesehen. Die ausklappbaren Schauseiten des Flügelaltares zeigen Darstellungen der Kreuzigung, der Verkündigung Mariens, die Auferstehung und Szenen aus dem Leben des heiligen Antonius dem Einsiedler.