Karfreitag, Himmelfahrt und Co: Feiertage abschaffen!
Heute ist Karfreitag. Und mit dem stillen Feiertag, das war so sicher, wie das Amen in der Kirche, sind auch die Diskussionen über das karfreitägliche Tanzverbot wieder aufgeflammt. Nicht, dass das partielle Verbot, das Tanzbein zu schwingen, an anderen christlichen Feiertagen, die zugleich arbeitsfrei sind, ein Problem darstellte. An Heiligabend zum Beispiel, an dem zeitweise immerhin in zehn Bundesländern ein Tanzverbot gilt, interessiert sich so gut wie niemand dafür. Und auch an gesetzlichen Feiertagen ohne christliche Bezüge stört sich niemand daran, dass nicht getanzt werden darf. Am Volkstrauertag beispielsweise schränken alle Bundesländer die beliebte Freizeitbeschäftigung des Tanzes stundenweise ein. Aber nur am Karfreitag, da regt sich hörbarer Widerspruch, da muss Tanzen bis in die Puppen sein.
Statt Freude über einen arbeitsfreien Tag herrscht Zorn über die eingeschränkten Freizeitmöglichkeiten. Typisch deutsch? Vielleicht. Jedenfalls nerven diese Diskussionen fürchterlich. Denn es geht im Kern nicht ums Tanzen und auch nicht um eine Einschränkung der freien Entfaltung der Persönlichkeit, sondern – wie das Beispiel des Volkstrauertags zeigt – darum, die Kirchen und den christlichen Glauben ob der vermeintlichen Weltfremdheit abermals in Misskredit zu bringen.
Zeit also, dass sich die Kirchen dafür einsetzen, dass der Karfreitag als gesetzlicher Feiertag abgeschafft wird, getreu dem Motto: Wer arbeitet, kann auch tanzen! Zumindest, wenn er nach einem langen Arbeitstag dazu noch in der Lage ist. Und mit dem Karfreitag sollten auch gleich die anderen gesetzlichen Feiertage auf christlicher Grundlage abgeschafft werden, die bei Arbeitnehmern immerhin mit sechs (Berlin) bis zehn (Bayern) arbeitsfreien Tagen zu Buche schlagen. Prinzipientreue tut mitunter weh. Ausschließlich die Kirchen (und natürlich die Arbeitgeber), so viel ist sicher, werden davon keinen Nachteil haben.
Denn es ist keineswegs so, dass arbeitsfreie christliche Feiertage das Verständnis und die Verbreitung des christlichen Glaubens fördern. Am Frauentag 2019 entwickelte sich anhand der Frage, ob der Rest der Republik dem Beispiel Berlins folgen und den 8. März zum gesetzlichen Feiertag erheben sollte, in der Nachrichtensendung des "hr-fernsehens" ("Hessenschau") folgender Dialog (hochdeutsch transkribiert): "Weltmännertag als Feiertag, ich meine, wie wäre es damit?" "Den haben wir ja schon, den Himmelfahrtstag. Das ist ja im Prinzip eine Form von Männertag."
Bei ihrem journalistischen Ehrgeiz gepackt, hakte die Reporterin nochmals nach: "Das ist aber eigentlich nur für Väter. Es gibt ja auch Männer, die keine Väter sind." Nicht, dass die Reporterin darauf verwiesen hätte, dass es sich bei Himmelfahrt eigentlich um einen christlichen Feiertag und nicht um das alkoholreiche Pendant des Muttertags handelt. Oder überhaupt, dass es auch einen Muttertag gibt. Nein, das Gespräch endete mit der Frage, ob Männer, die keine Väter sind, an Himmelfahrt überhaupt etwas zu feiern hätten. Dass Himmelfahrt etwas mit dem Himmel zu tun haben könnte – geschenkt.
Den höchsten christlichen Festen steht kein Arbeitstag im Weg
Ebenfalls ins Leere läuft das Argument, an hohen kirchlichen Feiertagen würde dann niemand mehr den Gottesdienst besuchen. Sicher ist es bequemer, an einem freien Tag in die Kirche zu gehen. Aber am Aschermittwoch und am Gründonnerstag zum Beispiel, die in keinem Bundesland gesetzlicher Feiertag sind, sind die Messen in der Regel gut besucht, und zwar trotz berufstätigen Gläubigen. Und auch an Allerheiligen, nur in fünf Bundesländern arbeitsfrei, ist die Zahl der Gottesdienstbesucher hoch.
Den höchsten Festen im Kirchenjahr steht ein Arbeitstag ohnehin nicht im Weg. Ostern und Pfingsten fallen auf einen Sonntag. Heiligabend – est nomen omen? – auf den Feierabend. Und auch am Weihnachtstag spricht nichts gegen einen Gottesdienst am Abend.
Und der Karfreitag? Zur Todesstunde um fünfzehn Uhr, zu der normalerweise des Leidens und Sterbens Jesu gedacht wird, befindet sich ohnehin schon die halbe Republik im Wochenende – es ist schließlich Freitag. Und die wenigen Prozent der anderen Hälfte, denen die bewusste Mitfeier der heiligen drei Tage vom Leiden und von der Auferstehung des Herrn ein Herzensanliegen ist, dürften Mittel und Wege finden, damit dem am Karfreitag nichts entgegensteht.
Womit ein Vorteil angesprochen ist, den die Kirchen davon hätten, würden die gesetzlichen Feiertage auf christlicher Grundlage abgeschafft. Denn wem die kirchlichen Feste ein Herzensanliegen sind, der lässt sich von deren Feier nicht abbringen, ganz egal ob es sich um einen arbeitsfreien Tag handelt oder nicht. Das Glaubenszeugnis im säkularen Umfeld wäre allerdings ungleich größer, hörten Arbeitnehmer in ihren Büros plötzlich die Blaskapelle, den Gesang der Gläubigen und sähen kurz darauf, wie sich am Donnerstagvormittag eine Prozession ihren Weg durch die Straßen bahnt: weil sich Gläubige einen Tag freigenommen haben, um ihrem Glauben Ausdruck zu verleihen. Wäre das nicht wunderbar?
Die christlichen Feiertage sind für unsere Gesellschaft zwar ein wichtiges Zeichen. Und auch ein Innehalten an den stillen Feiertagen könnte ein wertvoller Kontrapunkt zur lärmenden Welt um uns herum sein. Niemand ist dazu gezwungen, diese wenigen Stunden mit christlichen Inhalten zu füllen. Aber wenn die Bedeutung christlicher, auch stiller Feiertage nicht mehr verstanden wird, dann sollten die Kirchen bewusst davon Abstand nehmen.
Die Tage des Wohlfühlchristentums sind vorbei
Die Tage des Wohlfühlchristentums sind in Deutschland ohnehin vorbei. Die Kirchen sind angezählt. Ob Arbeitsrecht oder "Ehe für alle": Liebgewonnene Privilegien und Deutungshoheiten in moralischen Fragen sind bereits verloren. Bevor weitere Zugeständnisse den Kirchen entrissen werden, sollten diese vorauseilend auf die noch bestehenden Privilegien verzichten. Nicht nur, um Kirchengegnern keine Angriffsfläche mehr zu bieten, sondern auch, um die darin liegende Chance eines Glaubenszeugnisses zu nutzen, das auch die Glaubwürdigkeit der Kirchen zu steigern vermag.
Und wenn der Gesellschaft doch etwas daran liegen sollte, dass es christliche Feiertage gibt: Dann, bitteschön, müssen besonders die Politiker, aber auch alle vernünftig denkenden Bürger klare Kante zeigen in diesen unsäglichen Diskussionen, die Jahr für Jahr am Karfreitag wiederkehren und entschieden vom Wert christlicher Feiertage in einem weltanschaulich neutralen Staat sprechen.