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"Bund Neudeutschland" – Ein kleiner, feiner katholischer Verband

Veröffentlicht am 24.04.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Kardinal Woelki ist ebenso Mitglied wie Kardinal Marx, außerdem Politiker und Theologen: Das Mitgliederverzeichnis des "Bund Neudeutschland" liest sich wie ein Who's who des katholischen Deutschlands. Joachim Frank gratuliert zum 100. Geburtstag.

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"Bund Neudeutschland" – spontan weckt dieser Name Assoziationen von ganz links bis ganz rechts. Tatsächlich aber handelt es sich um einen kleinen, feinen katholischen Verband, den der Kölner Kardinal Felix von Hartmann (1851 bis 1919) kurz vor seinem Tod zur außerschulischen kirchlichen Betreuung von Gymnasiasten gründete. Der "ND" – so die inzwischen gängige Bezeichnung – wurde für ganze Generationen von Jugendlichen zu einer Art zweiten Heimat in ihrer Kirche. Zur 100-Jahr-Feier der Verbandsgründung sind in dieser Woche mehr als 900 ND’ler in Köln versammelt.

Das Verzeichnis der Mitglieder liest sich über die Jahrzehnte hinweg wie ein kleines Who‘s who des katholischen Deutschlands: Der Kölner Kardinal Rainer Woelki steht ebenso auf der Liste wie seine Mitbrüder Reinhard Marx (München) und Walter Kasper (Rom). Dazu Politiker wie Bernhard Vogel,  Klaus Töpfer, Michael Vesper; Theologen wie Pater Klaus Mertes SJ oder Eberhard Schockenhoff; dazu Wissenschaftler, Künstler, Journalisten.

Schon der Gründergeneration ging es um ein Ideal, das man heute – im Geist des Zweiten Vatikanums - als "Laienapostolat" bezeichnen würde. Wer im ND seine geistige, geistliche und – dezidiert – auch seine kirchliche Prägung mit der Orientierung an Jesus Christus erfuhr, sollte in der Gesellschaft seinen Mann stehen. Die (romantischen) Ideale der Jugendbewegung wurden dafür gleichsam in katholische Form gebracht. Später kamen zum Glück auch die Frauen in den Blick.

Wer bloß auf die Zahlen schaut, könnte eine Geschichte des Niedergangs schreiben: 28.000 Mitglieder nennt das "Lexikon für Theologie und Kirche" aus den 1960er Jahren. 4.000 gibt Bundesleiterin Claudia Lücking-Michel für das Jahr 2019 an. Aber jenseits der Zahlenspiele bietet der ND ein ermutigendes Beispiel für das, was Religionssoziologen als Wandel von der Volks- zu einer Minderheitenkirche beschreiben: keinen verbiesterten Rückzug auf eine "Heiliger Rest"-Attitüde, sondern ein beherztes, weltzugewandtes Bekenntnis zum Evangelium als einer frohen Botschaft mit Zukunft.

Pater Klaus Mertes, Jesuit und seit 1966 Mitglied im ND, lobt die partizipativen, demokratischen Strukturen des Verbands, der seinen Mitgliedern von klein auf Verantwortung abverlangt und zugemutet habe. "Ich verdanke dem ND eine Skepsis gegenüber autoritärer Denke in der Kirche. Ich könnte auch sagen: Ein nicht-klerikales Verständnis von Kirche." Auch wenn Mertes im gleichen Atemzug seine Vorbehalte gegenüber der – zutiefst menschlichen – Sehnsucht nach „Lichtgestalten“ formuliert: Im ND sind auch heute Menschen zu finden, die für ihre Kirche Lichtzeichen sind in einer nicht eben strahlenden Phase.

Von Joachim Frank

Der Autor

Joachim Frank ist Chefkorrespondent des "Kölner Stadt-Anzeiger", der "Berliner Zeitung" und der "Mitteldeutschen Zeitung". Außerdem ist er Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands (GKP). Die GKP verleiht mit der Deutschen Bischofskonferenz und dem Katholischen Medienverband alljährlich den Katholischen Medienpreis.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.