Der neue Papst wird sich mit den Unterlagen zur Affäre beschäftigen müssen

"Vatileaks" für den Nachfolger

Veröffentlicht am 26.02.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Papst-Rücktritt

Rom ‐ Neben der Möglichkeit eines früheren Konklaves und dem Rücktritt des schottischen Kardinals Keith O’Brien ist die dritte der wichtigen Entscheidungen von Papst Benedikt XVI. vom Montag fast untergegangen: Drei Tage vor seinem Amtsrücktritt legte der Pontifex fest, dass der Bericht der Kardinalskommission zur "Vatileaks"-Affäre seinem Nachfolger übergeben werden soll. Ansonsten blieben die Akten, die bislang nur Benedikt XVI. bekannt seien, unter Verschluss, teilte der Vatikan mit.

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Zuvor hatte der Papst die drei emeritierten Kardinäle Julian Herranz (82), Jozef Tomko (88) und Salvatore De Giorgi (82) in einer Audienz empfangen. Im Auftrag Benedikts hatten sie die Weitergabe interner Papiere aus dem Vatikan untersucht. Der Papst habe ihnen für ihre Arbeit gedankt, hieß es in der Mitteilung. Ihr Bericht habe "neben Grenzen und Unvollkommenheiten angesichts der menschlichen Komponente aller Institutionen die Großzügigkeit, Rechtschaffenheit und Hingabe der Mitarbeiter beim Heiligen Stuhl im Dienst für den Papst" deutlich gemacht.

Im Zuge der "Vatileaks"-Affäre war der Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, im Herbst 2012 zu einer Haftstrafe verurteilt worden , weil er kirchliche Dokumente kopiert und an Journalisten weitergegeben hatte. Später begnadigte Benedikt XVI. seinen ehemaligen Mitarbeiter. Der Papst hatte den Abschlussbericht am 17. Dezember erhalten.

Spekulationen laufen ins Leere

Nach der Rücktrittsankündigung Benedikts berichteten mehrere italienische Zeitungen, dass dieser damals so schockiert über das Ausmaß der Intrigen im Vatikan gewesen sei, dass der Gedanke an Rücktritt für ihn durch den Bericht konkrete Gestalt angenommen habe. Die Tatsache, dass bereits im Herbst mit dem Umbau des Klosters, in dem er künftig leben will, begonnen wurde - also vor jenem 17. Dezember – wurde in dem Zusammenhang verschwiegen.

Der ehemalige päpstliche Kammerdiener Paolo Gabriele.
Bild: ©picture alliance / dpa/L'osservatore Romano /Handout

Der ehemalige päpstliche Kammerdiener Paolo Gabriele.

Auch die Aussage des Chefs der Vatikanzeitung "Osservatore Romano", Giovanni Maria Vian, nach der Benedikt XVI. sich bereits nach seiner Mexiko-Kuba-Reise im Frühjahr 2012 zum Rücktritt entschlossen habe, passt nicht recht in die Skandal-Spekulationslinie.

Trotz der Entscheidung des Papstes, den Geheim-Bericht an seinen Nachfolger weiterzugeben, könnte sein Inhalt durchaus noch vor der Papstwahl ein Thema sein: Das Dossier der drei Kardinäle, die wegen ihres Alters nicht am Konklave teilnehmen und deshalb als unabhängig gelten, könnte ab Freitag bei den täglichen Kardinalskongregationen zur Vorbereitung des Konklaves besprochen werden.

Vatikansprecher Federico Lombardi sagte vor Journalisten, die drei Ermittler wüssten, "in welchem Maß" sie denen, die es verlangten, "nützliche Elemente zur Einschätzung der Lage und zur Wahl des neuen Papstes geben können und müssen". Da die dreiköpfige Kardinalskommission nach der Abgabe des Berichts und der Audienz beim Papst nun aufgelöst sei, könnten die Früchte ihrer Arbeit eine Art "Kompass" bei den Kardinalssitzungen vor dem Konklave sein, an dem auch die über 80-Jährigen teilnehmen, mutmaßen italienische Medien.

Entscheidung mit großer Verantwortung

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Video: © Sarah Schortemeyer und Saskia Gamradt

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Genügend Gesprächsbedarf gäbe es: Der Bericht ist laut Medien-Spekulationen 300 Seiten stark und voll von dunklen Geldgeschäften rund um das vatikanische Geldinstitut IOR , homosexuellen Seilschaften und Machtkämpfen im Vatikan.

Auf die Diskussionen und Spekulationen der vergangenen Tage folgte eine harsche Medienkritik des vatikanischen Staatssekretariats am Wochenende: Darin beklagte der Vatikan den öffentlichen Druck und die Desinformationen im Vorfeld des Konklaves. Viele Nachrichten seien "nicht überprüft, nicht überprüfbar oder schlicht falsch" und fügten "Personen und Institutionen schweren Schaden zu". Für die Papstwahl sei wichtig, dass das Kardinalskollegium frei beraten und entscheiden könne.

Die Purpurträger müssen sich vor dem Konklave gut über den Zustand der Kirche und der Kurie informieren. Auf ihnen lastet eine große Verantwortung: Schließlich müssen sie einen geeigneten Nachfolger für Benedikt XVI. wählen, dem sie die Zukunft der 1,2 Milliarden Mitglieder zählenden Kirche anvertrauen.

Von Agathe Lukassek

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