Zentralkomitee stimmt für Umzug nach Berlin
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zieht von Bonn nach Berlin um. Das hat die Vollversammlung des ZdK am Freitagnachmittag in Mainz mit großer Mehrheit beschlossen. Für den Umzug nach Berlin votierten 123 Teilnehmer, 23 stimmten dagegen und 3 enthielten sich. Das Plenum folgte damit dem Präsidium sowie dem Hauptausschuss des ZdK, die bereits für einen Komplettumzug des Generalsekretariats in die Hauptstadt votiert hatten.
Zur Begründung für den Standortwechsel, der zum Jahr 2022 erfolgen soll, wird vor allem eine größere Nähe zu politischen Entscheidungsträgern genannt. Seit seiner Nachkriegs-Wiedergründung 1952 hat das höchste repräsentative Gremium der katholischen Laien im Deutschland seinen Sitz in Bonn-Bad Godesberg. Betroffen von einem Umzug sind rund 25 Mitarbeiter.
Der Berliner Erzbischof Heiner Koch gratulierte via Twitter zu dem Beschluss. "Herzlichen Glückwunsch zu einer mutigen Entscheidung! Ich wünsche viel Kraft für den Umzug, denn ich weiß, wie schwer es einem fallen kann, das Rheinland zu verlassen!".
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Als Veranstalter lud das ZdK zudem offiziell zum 103. Deutschen Katholikentag 2024 nach Erfurt ein. Ein entsprechender Beschluss fassten die Mitglieder des Gremiums einstimmig. Als Zeitraum ist der 29. Mai bis 2. Juni 2024 vorgesehen. Erfurts Bischof Ulrich Neymeyr und der Vorsitzende des Katholikenrats Erfurt, Thomas Kretschmer, hatten zuvor bei der Vollversammlung noch einmal eine Einladung ausgesprochen. Der nächste Katholikentag findet 2022 in Stuttgart statt. Bereits in diesem Jahr treffen sich evangelische Christen zum 37. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dortmund, für 2021 ist ein Ökumenischer Kirchentag in Frankfurt am Main geplant.
Weiter beschloss das ZdK mit großer Mehrheit, sich an dem von den Bischöfen vorgeschlagenen "synodalen Weg" zur Erneuerung der Kirche zu beteiligen. Die Deutsche Bischofskonferenz hatte infolge der im Herbst veröffentlichten Missbrauchsstudie einen "verbindlichen" gemeinsamen Gesprächs- und Reformprozess angeregt. Dabei sollen Machtabbau, die Zulassung zu kirchlichen Weiheämtern, der Pflichtzölibat und die Sexualmoral Themen sein.
Erzbischof Heße: "Wir Bischöfe kommen allein nicht weiter"
ZdK-Präsident Thomas Sternberg sagte, dieser Prozess müsse "konkrete Ergebnisse" erbringen und "auf Augenhöhe" stattfinden. Bei den meisten der deutschen Bischöfe spüre er aber einen "echten Reformwillen", so der Präsident des höchsten Gremiums des deutschen Laien-Katholizismus.
Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße warb vor der ZdK-Vollversammlung für eine Beteiligung der Laien. "Wir Bischöfe kommen allein nicht weiter", sagte Heße, der Geistlicher Assistent des ZdK ist. Beim synodalen Weg werde es um Fragen der Macht, des Amtes in der Kirche und die Sexualmoral gehen. Außerdem "um Fragen nach dem Priesteramt", so Heße, der hinzufügte: "Da geht es um die Frage des Zölibats oder auch um die Frauenthematik." Heße: "Ein solcher synodaler Weg macht nur Sinn, wenn keine Themen ausgeschlossen werden." Er gab jedoch zu, für den synodalen Weg müsse noch "ein Plenum" geschaffen werden. "Es gibt im Moment noch keine Antwort auf die Frage, wer sitzt da drin und wie wird entschieden."
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), die der rund 230 Mitglieder umfassenden Vollversammlung des ZdK angehört, sagte: "Ich bin offen für diesen Prozess, aber auch skeptisch." Dreyer betonte: "Wir brauchen Augenhöhe, wir brauchen auch Zwischenergebnisse." Das ZdK dürfe auch nicht am Ende für die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals "mitverhaftet" werden. Andere Versammlungsteilnehmer warnten vor "bloß salbungsvollen Worten" und fragten nach der "tatsächlichen Veränderungsbereitschaft der Bischöfe".
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Zuvor hatte Sternberg angemahnt, ein zeitweises "Schweigen" des kirchlichen Lehramts zu Fragen der Sexualmoral sei angebracht. Es solle "diese Themen der Theologie und dem Glaubenssinn der Gläubigen, vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ihren hoch geschätzten und wichtigen Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen überlassen". Dann könne es möglicherweise gelingen, im Themenbereich Sexualität Vertrauen zurückzugewinnen und wirkliche Hilfestellung zu geben, sagte Sternberg in seinem "Bericht zur Lage" vor der ZdK-Vollversammlung unter großem Applaus.
Die kirchliche Sexualmoral habe sich seit rund fünfzig Jahren so weit von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfernt, dass sie kaum noch auf Akzeptanz stoße. Dies gelte spätestens seit dem Erscheinen der Enzyklika "Humanae vitae" 1968 mit dem Verbot der so genannten "künstlichen" Empfängnisverhütung. Erst Papst Franziskus habe mit seiner Schrift "Amoris laetitia" erste Schritte der Wiederannäherung an das Lebensgefühl der Gläubigen gemacht.
Sternberg für Kirche als Vorbild bei Missbrauchsprävention
Die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der Kirche in Deutschland müsse noch stärker forciert werden, so Sternberg weiter. "Die katholische Kirche muss den Ehrgeiz haben, bei Aufarbeitung und Prävention zum Vorbild für andere zu werden." Er fügte hinzu: "Wir sind noch nicht an diesem Punkt."
Es reiche nicht aus, sexuellem Missbrauch mit lückenlosen Präventions- und Interventionskonzepten zu begegnen, betonte Sternberg in seinem "Bericht zur Lage" bei der Frühjahrsvollversammlung des ZdK. Es gehe darum, "unsere Kirche so zu verändern, dass sie keinen Nährboden für den Missbrauch bietet".
In vielen Ländern finde derzeit "ein Kurswechsel" und zugleich "eine Kulturveränderung" statt. Er stehe an der Seite der Bischöfe und Bistumsleitungen, die begriffen hätten, dass es "um grundlegende und einschneidende Veränderungen" gehe. Bei der "ganz überwiegenden Mehrheit" der deutschen Bischöfe habe er feststellen können, "dass sie die gegenwärtige Situation als Zäsur wahrnehmen und zu Reformen bereit sind".
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Die Erschütterungen bei den Gläubigen infolge der im September 2018 vorgestellten Missbrauchsstudie reichten tief. "Noch nie habe ich eine Situation erlebt, in der die Empörung so weit in den Kern unserer Gemeinden reichte", sagte Sternberg. "Aber das war wohl nur der Tropfen, der eine aufgestaute Verärgerung über ausbleibende Reformen der Kirche zum Überlaufen brachte." Die systemischen Ursachen des sexuellen Missbrauchs könnten nun "nicht mehr ausgeklammert werden".
Sexualisierte Gewalt sei zudem "ein globales Problem", sagte Sternberg und fügte hinzu: "Dass offenbar in manchen Ländern und in nicht geringem Ausmaß auch Ordensfrauen Opfer von sexueller Gewalt geworden sind, ist ein Skandal, den niemand in der Kirche auf sich beruhen lassen kann. Missbrauch gab und gibt es überall - und leider Gottes auch in unserer Kirche." Sternberg sagte, er sei "sehr froh" über die neuen Normen von Papst Franziskus zum innerkirchlichen Vorgehen bei Fällen von sexuellem Missbrauch.
Sternberg sagte weiter, er sehe die Diskussion über die organisierte Suizidbeihilfe in Deutschland mit "großer Sorge". Er zeigte sich verwundert über den Verlauf der mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts zu Klagen gegen das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidassistenz.
Sternberg erschreckt über Suizidbeihilfe-Diskussion
Ihn habe es "erschreckt, dass es von den Befürwortern einer Liberalisierung und offenbar auch von einigen Richtern als Inbegriff menschlicher Freiheit gewertet wird, mit Hilfe von Ärzten, Sterbehilfevereinen oder gar staatlichen Behörden aus dem Leben scheiden zu können", sagte Sternberg.
Jeder Mensch habe zwar das Recht auf ein Sterben in Würde, fügte er hinzu. "Aber die Vorstellung von einer Gesellschaft, in der die Selbsttötung als Dienstleistung verfügbar sein muss, hat für mich nichts mit der Achtung der Menschenwürde zu tun." In einer solchen Gesellschaft werde der Menschenwürde ihre Unantastbarkeit genommen. "Die Selbsttötung ist nicht der Gipfel der Autonomie, sondern deren Auslöschung", betonte Sternberg vor der ZdK-Vollversammlung.
Die evangelische und katholische Kirche in Deutschland hätten sich bereits in bemerkenswerter Einmütigkeit für das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidassistenz eingesetzt. Das Ende 2015 vom Bundestag verabschiedete Gesetz sei "keine übergriffige Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts", wie es häufig auch in den Medien dargestellt werde. Das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe schütze kranke, alte und schwache Menschen vor Fremdbestimmung und dem Druck, der drohe, wenn die Suizidbeihilfe rechtlich und gesellschaftlich als normal bewertet werde. (rom/KNA)