Von der EU-Bischofskommission bis zur Sonntagsallianz

Was macht die Kirche in Brüssel?

Veröffentlicht am 25.05.2019 um 13:01 Uhr – Lesedauer: 
Was macht die Kirche in Brüssel?
Bild: © KNA

Brüssel ‐ Flüchtlingspolitik, Klimawandel, Datenschutz - die Entscheidungen aus Brüssel betreffen tausende EU-Bürger. Deshalb beobachtet auch die Kirche die Arbeit des Europaparlaments. Doch was macht die COMECE genau? Und: Hat auch das ZdK ein Büro in Brüssel?

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Ende Mai sind Europawahlen. Alle EU-Bürger, auch die Briten trotz des Brexit, dürfen ihre Stimme abgeben und ein neues EU-Parlament wählen. 751 Europaabgeordnete werden darin vertreten sein aus 28 EU-Mitgliedstaaten. Die meisten kommen aus Deutschland: 96.

Die Parlamentarier haben eine wichtige Rolle in Brüssel, denn sie überarbeiten bestehende europäische Gesetze, feilen an neuen europäischen Regeln, wo sie gebraucht werden, und entscheiden über das Geld, das die EU ausgibt. Das machen sie zusammen mit der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten, die im Rat vertreten sind. Dazu kommen Organisationen wie die Caritas oder die katholische Kirche, die in Brüssel ein Büro haben und diese Arbeit verfolgen. Sie beobachten, an welchen neuen Gesetzen die EU-Parlamentarier arbeiten und treffen sie regelmäßig, um ihnen ihre Einschätzung zu aktuellen Vorhaben mitzuteilen.

In der EU-Bischofskommission COMECE haben sich die katholischen Kirchen der derzeit noch 28 EU-Mitgliedstaaten zusammengeschlossen. Das Sekretariat hat seinen Sitz weniger als 500 Meter entfernt vom Europaparlament in Brüssel. Insgesamt beschäftigt die COMECE 13 Mitarbeiter aus neun Ländern. Einer von ihnen ist der Deutsche Markus Vennewald (31). Er kümmert sich bei der COMECE zum Beispiel um Sozialpolitik. In den vergangenen Monaten hat er sich unter anderem mit der Gestaltung des Europäischen Solidaritätskorps befasst - ein Programm, mit dem junge Menschen einen Freiwilligendienst in einem anderen EU-Land absolvieren können.

Etwa alle sechs Monate hält die COMECE eine Vollversammlung ab. Dazu schickt jede Bischofskonferenz einen Vertreter. Aus Deutschland ist das der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck. Die Geistlichen diskutieren dann mit Politikern wie der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini oder EU-Abgeordneten über aktuelle europapolitische Themen wie die Klimapolitik oder den Brexit.

Jean-Claude Hollerich, Präsident der Bischofskonferenzen der Europäische Union (COMECE).
Bild: ©Julia Steinbrecht/KNA

Im März 2018 wurde der Erzbischof von Luxemburg, Jean-Claude Hollerich, von den Delegierten der Bischofskonferenzen der Europäischen Union für ein fünfjähriges Mandat zum Präsidenten der COMECE gewählt. Er folgte auf Kardinal Reinhard Marx, der dem Gremium seit 2012 vorstand.

Der Vorsitzende der COMECE ist der Luxemburger Erzbischof Jean-Claude Hollerich (60). Er sagte bei einer Veranstaltung Mitte Februar in Hamburg, Brüssel fehle es an "Emotionalität". Vielen Bürgern erschließe sich die Sinnhaftigkeit europäischer Regelungen nicht, obwohl sie großen Fortschritt brächten, so Hollerich weiter. So diene etwa die Datenschutzgrundverordnung dem Wohl der Menschen. Doch die Verantwortlichen hätten versäumt, das zu vermitteln. Es brauche wieder Politiker mit Führungskraft.

Hollerich forderte die Menschen auf, sich an der Europawahl im Mai zu beteiligen. "Wenn die eurokritischen Kräfte die Mehrheit gewinnen, gerät das europäische Friedensprojekt in Gefahr." Auch die Kirche müsse ihren Beitrag leisten, statt innerkirchliche Konflikte auszutragen; sie müsse "wieder sinnstiftend werden", so Hollerich.

Etwa alle drei bis fünf Monate organisiert die irische Vizepräsidentin des EU-Parlaments Mairead McGuinness einen Austausch mit den Religionsgemeinschaften. Das wurde in Artikel 17 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU festgelegt. Dazu sind sowohl Muslime als auch Protestanten, Katholiken, Juden und Atheisten eingeladen, ein bestimmtes Thema zu diskutieren. Im März ging es zum Beispiel um ethische Bedenken bei Künstlicher Intelligenz.

Neben der COMECE sind weitere katholische Organisationen aktiv. Der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Karl Jüsten, ist zum Beispiel regelmäßig zu Gesprächen mit EU-Politikern in Brüssel. Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist im Herzen Europas präsent. Es hat zwar kein Büro, aber das ZdK ist Mitglied bei der europäischen Laienorganisation Initiative of Christians for Europe (IXE). Sie trafen sich zuletzt Mitte Februar in Mailand und beschlossen einen Wahlaufruf für europäische Katholiken.

Wie in Deutschland gelingt einiges auch auf europäischer Ebene besser, wenn man die Kräfte vereint. Christliche Organisationen setzen sich zum Beispiel ein bei der Allianz für den Freien Sonntag in Europa. Dabei sind über 100 Organisationen wie die COMECE, die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und das Brüsseler Büro der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Von Franziska Broich (KNA)