Offiziell: Amazonas-Synode wird über verheiratete Priester diskutieren
Der Vatikan hat am Montag das Arbeitspapier der kommenden Amazonas-Synode veröffentlicht. Das Dokument ist Grundlage für die Beratungen der Bischöfe, die vom 6. bis 27. Oktober in Rom zusammentreten. Dabei soll es auch um die Frage der Priesterweihe für verheiratete Männer und um neue Ämter für Frauen in der katholischen Kirche gehen. Einen Schwerpunkt bilden die Umweltzerstörung in der arten- und rohstoffreichen Amazonasregion sowie der Schutz der Rechte von Indigenen.
An dem Treffen nehmen neben Kirchenvertretern aus den betreffenden Ländern wie Brasilien, Bolivien, Venezuela und Peru auch Bischöfe aus der ganzen Welt sowie Ordensdelegierte, Laienvertreter und Fachleute teil. Die Versammlung steht unter dem Thema "Amazonien - neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie". Die Ergebnisse der Synode sind nicht bindend, dienen aber dem Papst als Basis für weitere Entscheidungen.
Das im Original auf Spanisch verfasste Arbeitspapier geht unter dem Schlagwort einer "ganzheitlichen Ökologie" auf ökologische und soziale Probleme in der Amazonasregion ein. Genannt werden neben Raubbau und der Bedrohung indigener Völker auch Migration, Urbanisierung, gesellschaftlicher Wandel und Korruption sowie Gesundheit, Bildung und eine "ökologische Bekehrung".
Ältere und angesehene Familienväter zur Priesterweihe zulassen
Weiter thematisiert das 45-seitige Dokument Herausforderungen der Kirche etwa im Umgang mit Ungerechtigkeit und kultureller Vielfalt, aber auch der seelsorglichen Betreuung in dem riesigen und schwer zugänglichen Regenwaldgebiet. In dem Zusammenhang heißt es, die Synode solle die Möglichkeit prüfen, in entlegenen Gegenden ältere und angesehene Familienväter zur Priesterweihe zuzulassen, um eine sakramentale Versorgung zu gewährleisten. Auch wird die Diskussion über einen amtlichen Dienst von Frauen in der Kirche vorgeschlagen; dabei verweist das Papier auf deren "zentrale Rolle".
Ferner betont das Arbeitspapier, die Kirche müsse eine "prophetische Rolle" in der Auseinandersetzung mit Macht und Menschenrechten einnehmen. Allein in Brasilien seien zwischen 2002 und 2017 nach einer kirchlichen Statistik 1.119 Indigene bei der Verteidigung ihrer Rechte ums Leben gekommen. Die Kirche könne demgegenüber nicht gleichgültig bleiben.
Das im vergangenen Sommer vom Vatikan veröffentlichte Vorbereitungsdokument zur Synode hatte die Zulassung verheirateter Männer zum Priesteramt noch nicht explizit thematisiert. Dort hieß es lediglich, es brauche auch "neue Wege, damit das Volk Gottes einen besseren und häufigeren Zugang zur Eucharistie haben kann".
Der Untersekretär der Bischofssynode, Fabio Fabene, betonte unterdessen, Papst Franziskus habe eine allgemeine Aufhebung der Zölibatspflicht ausgeschlossen. "Niemand will den Zölibat infrage stellen." Zur ebenfalls im Dokument angeregten Diskussion über einen amtlichen Dienst von Frauen in der Kirche Amazoniens sagte Fabene, hier werde nicht vom Diakonat der Frau gesprochen. In dieser Frage verlange der Papst noch weitere Klärung. Gleichzeitig unterstrich Fabene, die Kirche müsse "neue Antworten für neue Situationen" finden. Es handle sich dabei um eine Sondersynode für die Region Amazonien; die dort gefundenen Lösungen könnten nicht für die ganze katholische Welt gelten.
Kurz vor Veröffentlichung des Dokuments hatte sich der Wiener Theologe Paul Zulehner zur Amazonas-Synode geäußert. Er rechne damit, dass sie die Weichen in Richtung Öffnung kirchlicher Ämter für bewährte verheiratete Personen sowie Frauen stellen wird. Dennoch sei dies eine nachrangige Frage, sagte er am Wochenende im Interview der Wiener Presseagentur kathpress. Entscheidend für eine wirkliche Reform der Kirche sei vielmehr deren Zukunftsfähigkeit, die sich im Aufbau lebendiger Gemeinden zeigen müsse, so der Pastoraltheologe. Erst danach stelle sich die Frage, wer mit Verantwortung in solchen Gemeinden betraut werde.
Weihe von Diakoninnen als "schlampige Lösung"
Die Weihe gewählter "personae probatae" (bewährte Personen) sei ein Lösungsmodell, um dem auch vom Papst beklagten "eucharistischen Hunger" in Regionen mit dramatischem Priestermangel beizukommen, so Zulehner in seinem neuen Buch "Naht das Ende des Priestermangels?". Dagegen bezeichnete er eine Weihe von Diakoninnen als "schlampige Lösung", die die "permanente Unterwerfung der Frauen unter die Priester" und einen weiteren Jahrhunderte langen Stillstand in der Frauenfrage bedeuten könnte.
Von der Amazonas-Synode erwarte er, dass sie zu einem "Schneeballeffekt" führen und auch hierzulande kirchliche Veränderungen anstoßen werde, so Zulehner. Die Zeit sei reif für eine Abkehr vom vatikanischen "Panikzentralismus", der darauf poche, wichtige Fragen einheitlich für die gesamte Weltkirche zu regeln, so der Theologe weiter. Diese "angstbesetzte, aber glaubensschwache" Haltung habe etwa zur Ausweitung der Pfarreien geführt. Dabei bestehe die "Gefahr zu zerstören, was lebt, sie bringt aber nicht zum Leben, was tot ist".
Eine Folge anderer Art sei ein Aufstand der "Hardliner", sagte Zulehner unter Verweis auf jüngst etwa vom früheren Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, oder vom US-amerikanischen Kardinal Raymond Burke geäußerte Kritik. "Bockbeinige Ideologen" wollten dem Geist Gottes jede Innovation verbieten und agierten gegen den Papst, der nun "ernst" mache. Doch Franziskus verstehe sich als "Spürhund" eines Heiligen Geistes, der nicht ausschließlich in Vatikanischen Dikasterien oder in einer Weltbischofssynode zu finden sei. (tmg/KNA)
17.6., 15:58 Uhr: Ergänzt um Aussagen des Synoden-Untersekretärs.