Offener Brief an Seehofer: Ordensleute kritisieren Kirchenasyl-Regeln
Scharfe Kritik an den neuen Regeln für das Kirchenasyl haben Ordensobere aus Würzburg gemeinsam mit Verantwortlichen der Kirchen und dem Missionsärztlichen Institut geübt. In einem am Dienstag veröffentlichten Brief an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und die Innenminister der Länder fordern sie eine Rückkehr zu der Praxis, die bis Juli 2018 sehr erfolgreich zwischen Kirchen und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) gegolten habe. Sie basiert auf einer Vereinbarung vom Februar 2015. Einen ähnlichen Brief hatten im Februar bereits Pfarrer beider Konfessionen aus der Metropolregion Nürnberg geschrieben.
Kritik üben die Würzburger Ordensleute vor allem an der Prüfung der Kirchenasylfälle aufgrund eines vorgelegten Härtefalldossiers durch die die gleiche Stelle, die zuvor die Abschiebungen der Flüchtlinge in das EU-Drittland angeordnet hätte. Dies geschehe "nach den gleichen rein formalen und juristischen Kriterien". 90 bis 95 Prozent der eingereichten Härtefalldossiers seit August 2018 seien abgelehnt worden. Die Unterzeichner fordern "eine unbefangene Instanz, ähnlich einer Härtefallkommission".
"Entkriminalisierung des Kirchenasyls"
Außerdem habe die Überstellungsfrist für Menschen im Kirchenasyl, die in andere EU-Staaten ausreisen sollten, sechs statt 18 Monate betragen. Nach diesem Zeitraum ist Deutschland dann für das Asylverfahren zuständig. Mit der Ablehnung des Dossiers verlängere sich dies nun auf 18 Monate. Außerdem fordern die Ordensleute eine "Entkriminalisierung des Kirchenasyls und derer, die es verantworten".
Bereits im Jahr 2015 hatten 45 bayerische Ordensobere gemeinsam scharfe Kritik an der Flüchtlingspolitik des damaligen Ministerpräsidenten Seehofer geübt. In einem Offenen Brief verurteilen sie unter anderem dessen fragwürdige Rhetorik.
Beim sogenannten Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Ordensgemeinschaften Asylbewerber auf, die von Abschiebung bedroht sind. Wer heute in Deutschland Kirchenasyl gewährt, verstößt nach einhelliger Rechtsauffassung gegen geltendes Recht. Die Mehrzahl der Schutzsuchenden sind zudem sogenannte Dublin-Fälle, die eigentlich in das EU-Ersteinreiseland zurückgeschickt werden müssten, um dort Asyl zu beantragen. Eine im April 2019 veröffentlichte zweite Auflage einer Handreichung der deutschen Bischöfe spricht vom Kirchenasyl als "letztes Mittel", um in Einzelfällen "unzumutbare Härten" abzuwenden. (tmg/KNA)