Kaum ein Vorfall werde aufgeklärt

2018 wurde jede zweite Woche ein jüdischer Friedhof geschändet

Veröffentlicht am 03.08.2019 um 10:15 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Die Zahlen des Innenministeriums belegen eine Zunahme antisemitisch motivierter Taten in Deutschland: Im vergangenen Jahr wurden jüdische Friedhöfe 27 Mal geschändet. Und in nur drei Fällen konnte die Polizei die Täter ermitteln.

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In Deutschland ist im vergangenen Jahr einem Zeitungsbericht zufolge im Schnitt mindestens jede zweite Woche ein jüdischer Friedhof geschändet worden. Die Polizei erfasste 27 antisemitisch motivierte Angriffe in diesem Bereich, wie der "Tagesspiegel" (Samstag) unter Berufung auf eine Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau berichtete.

Danach zählten die Behörden zudem 21 judenfeindlich motivierte Angriffe auf Synagogen und weitere jüdische Religionsstätten. Lediglich in drei Fällen konnten Ermittler die Friedhofsschändungen aufklären. Bei den Angriffen auf Synagogen und weitere Religionsstätten ermittelte die Polizei in fünf Fällen Täter.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte dem Blatt: "Regelmäßige Schändungen von jüdischen Friedhöfen und Angriffe auf Synagogen sind leider Alltag in Deutschland." Vielen nicht-jüdischen Bürgern sei dies vermutlich gar nicht bewusst. "Deutschland darf sich nicht an diese Situation als Normalzustand gewöhnen", betonte Schuster. Er mahnte auch die Sicherheitsbehörden zu mehr Wachsamkeit. Die geringe Aufklärungsquote sei erschreckend.

Zuletzt hatte der antisemitische Angriff auf den Berliner Rabbiner Yehuda Teichtal vergangene Woche bundesweit für Entsetzen gesorgt. Auch Berlins Erzbischof Heiner Koch bekundete danach seine Solidarität mit Teichtal: "Mit großer Bestürzung und Trauer habe ich zur Kenntnis genommen, dass Sie am vergangenen Schabbat nach dem Gottesdienst in Begleitung Ihrer Tochter antisemitisch beleidigt und bespuckt worden sind. Ich verurteile diese verabscheuungswürdige Tat auf das Schärfste", schrieb Koch am Donnerstag in einem an Teichtal adressierten Brief, der auch im Internet veröffentlicht wurde. Die Tat sei ein Angriff auf die Grundlagen unseres mitmenschlichen Zusammenlebens und in letzter Konsequenz auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung. (cst/KNA)