Bischof Abromeit: Überidentifikation mit Staat Israel wegen Holocaust
Der evangelische Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, Hans-Jürgen Abromeit, hat eine Überidentifikation der Deutschen mit dem Staat Israel kritisiert. Er habe den Eindruck, dass die "palästinensischen Sicherheitsinteressen" in Deutschland nicht richtig wahrgenommen würden, sagte er am 1. August in einem Vortrag auf der Jahreskonferenz der Deutschen Evangelischen Allianz in Bad Blankenburg, wie die "Bild-Zeitung" am Sonntag berichtet.
Die Überidentifikation resultiere aus dem deutschen Schuldbewusstsein nach dem Holocaust, so Abromeit. Das führe auch dazu, dass deutsche Politiker die Sicherheit Israels zur Staatsräson erhoben hätten. Daraus folge eine Billigung der Benachteiligung der Palästinenser im israelischen Staat, der sich als jüdischer Staat verstehe.
Die alttestamentarischen Propheten hätten stets klargestellt, dass das Volk Israel nicht allein im verheißenen Land gelebt hätte. Der politische Zionismus habe die biblische Linie jedoch nicht aufgegriffen, sondern nationalistisch ein "Land ohne Volk für ein Volk ohne Land" propagiert. Eine Aussage, die Bischof Abromeit als Lüge bezeichnete.
Der religiös aufgeladene Konflikt zeige, dass mit Waffengewalt kein Frieden zu erreichen sei. Eine Rückkehr zu einer Zwei-Staaten-Lösung halte Abromeit für realpolitisch nicht mehr machbar. Stattdessen forderte der protestantische Bischof einen demokratischen Einheitsstaat. Doch wies er gleichzeitig darauf hin, dass dieser von der jüdischen Bevölkerung abgelehnt werde, weil diese dann fürchten müssten, von den zahlenmäßig größeren, nicht-jüdischen Bevölkerungsteilen überstimmt zu werden. Deshalb halte man lieber an der Siedlungspolitik fest und verweigere Nicht-Juden im Westjordanland beispielsweise das Wahlrecht, kritisierte der Bischof weiter. (cst)