Das normale Leben
Der Papst ist gerade von seinem normalen Zimmer, das er während des Konklaves bewohnt hatte, in die geräumige Suite 201 umgezogen, berichtete Lombardi. Dort empfängt er in diesen Tagen nacheinander die römischen Kurienleiter, aber auch pensionierte Kardinäle zu Unterredungen.
Diese Orientierungsphase, heißt es im Vatikan, dürfte noch eine Zeit lang dauern; denn bislang hatte Kardinal Jorge Mario Bergoglio vom Vatikan und seinen Funktionsmechanismen offenbar nur ungenaue Vorstellungen. Daher sei mit Personalentscheidungen kaum vor dem frühen Sommer zu rechnen.
Allerdings benutzt Franziskus bereits auch Räumlichkeiten des Apostolischen Palastes und pendelt dafür zwischen den beiden Baukomplexen. Wenige Tage nach seiner Wahl hatte er die Siegel der Papstwohnung aufgebrochen und sie offiziell in Besitz genommen. Am Sonntag sprach er das Angelusgebet vom Fenster des dortigen Arbeitszimmers aus.
Und Audienzen für hohe Gäste gibt er in der dortigen Bibliothek, etwa für Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff oder den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. Ohnehin fanden die großen Audienzen für das Diplomatische Korps oder die Vertreter anderer Kirchen und Religionen in der Sala Regia oder Sala Clementina des Papstpalastes statt.
Mahlzeiten im Speisesaal
Im Gästehaus Santa Marta pflegt Franziskus freilich seinen unkomplizierten Lebensstil, den er als Erzbischof von Buenos Aires gewohnt war. Seit Montag konnten auch die 40 Kurienprälaten, die für die Zeit des Konklaves ihre Zimmer und Appartements den Kardinälen überlassen mussten, nach Santa Marta zurückkehren; sie leben seither unter einem Dach mit dem Papst.
Mit ihnen feierte Franziskus am Dienstagmorgen in der Hauskapelle eine gemeinsame Messe. An diesem Gottesdienst hatten in den vergangenen Tagen die noch nicht abgereisten Kardinäle, aber auch Arbeiter aus den Vatikanischen Gärten, von der Müllabfuhr des Petersplatzes oder die Drucker des "Osservatore Romano" teilgenommen. Die Mahlzeiten nimmt der neue Papst wie alle anderen Bewohner im großen Speisesaal des Gästehauses ein und setzt sich an einen Tisch mit anderen Gästen.
Telefonat mit dem Zahnarzt
Zum Entsetzen der omnipräsenten Vatikan-Gendarmen benutzt er zudem gemeinsam mit anderen Gästen den Fahrstuhl. Und er greift selbst zum Telefonhörer, um den Jesuitengeneral anzurufen - was den verdutzten Portier der Ordenszentrale zum Interviewpartner US-amerikanischer Medien machte. Aber er ruft auch seinen alten Zahnarzt in Buenos Aires an oder gratuliert alten Bekannten persönlich zum Geburtstag. Unterdessen, so hört man, hat sein Generalvikar seine persönlichen Dinge aus der Wohnung in Buenos Aires nach Rom gebracht.
Offen ist, wie sehr Papst Franziskus diesen unkomplizierten und unkurialen Stil beibehalten kann. Nach der Eingewöhnungsphase im für ihn neuen Vatikan wird er sich möglicherweise stärker von seinen Mitarbeitern entlasten lassen. Da ist etwa der Malteser Alfred Xuereb (54), der schon als zweiter Privatsekretär für Benedikt XVI. tätig war und nun dem Nachfolger bei der Einarbeitung hilft.
Vermutlich dürfte ein weiterer Sekretär spanischer Muttersprache hinzukommen. Und vermutlich wird auch Franziskus über kurz oder lang dem Protokoll der römischen Kurie stärker Rechnung tragen müssen. Wie sehr, das hängt auch von der Zusammenarbeit mit seinen engsten Mitarbeitern ab - vor allem mit dem noch zu ernennenden neuen Kardinalstaatssekretär.
Von Johannes Schidelko (KNA)