Die Kirche "San Bartolomeo all'Isola" auf der römischen Tiberinsel

Hier wird der Märtyrer der Gegenwart gedacht

Veröffentlicht am 01.09.2019 um 12:07 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Auf der Tiberinsel nahe Trastevere liegt die Kirche "San Bartolomeo all'Isola". Dort ruhen nicht nur die Gebeine des Apostels Bartholomäus. Das Gotteshaus ist auch den Märtyrern des 20. und 21. Jahrhunderts gewidmet. Unter den über 120 Reliquien finden sich auch die von ermordeten Christen aus Deutschland.

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Unweit des Petersdoms in Rom, rund zwei Kilometer nach Süden Richtung Trastevere, liegt die Tiberinsel. Zur Römerzeit befand sich hier ein Heiligtum von Asklepios, dem griechischen Gott der Heilkunst. Und noch heute dreht sich alles um Gesundheit und Religion. Neben einem Krankenhaus befindet sich auf der Tiberinsel die katholische Kirche Sankt Bartholomäus. Sie hat eine jahrhundertealte Geschichte, aber auch einen starken Bezug zu Gegenwart: Seit einigen Jahren ist sie den neuen Märtyrern des 20. und 21. Jahrhunderts gewidmet.

Haut bei lebendigem Leib abgezogen

Auch mit einigen Märtyrern aus der älteren Kirchengeschichte ist "San Bartolomeo all'Isola" eng verbunden. In ihrer ursprünglichen Form war die Basilika um das Jahr 1000 im Auftrag des Kaisers Otto III. errichtet worden – auf den Trümmern eines früheren Asklepios-Tempels. Die Kirche war zunächst dem Bischof Adalbert von Prag gewidmet, der im Jahr 997 auf Evangelisierungsmission nahe dem heutigen Danzig ermordet worden war. Knapp 200 Jahre später, um das Jahr 1180 wurde das Gotteshaus nach einer Renovierung dann umgewidmet und trägt seitdem den Namen des heiligen Bartholomäus, der am Hochaltar begraben ist. Der Apostel war einer der Jünger Jesu und lebte zu  Anfang der ersten Jahrhunderts in Galiäa. Nach der Überlieferung soll er einen besonders qualvollen Tod erlitten haben: Bei lebendigem Leib wurde ihm die Haut abgezogen, um ihn dann kopfüber zu kreuzigen. So fand der Apostel auch in das Gemälde "Das jüngste Gericht" von Michelangelo Eingang.

Das Gotteshaus befindet sich heute in der Obhut der Gebetsgemeinschaft Sant'Egidio, die auch dem Gedenken an die jüngsten Märtyrer einen Platz einräumen will. So erwarb Sant'Egidio kürzlich das Brevier des 2016 während eines Gottesdienstes von Islamisten ermordeten französischen Priesters Jacques Hamel. Dessen Seligsprechungsverfahren steht inzwischen kurz vor dem Abschluss. Das Brevier ist nun ebenso in der Kirche zu sehen wie ein Messbuch des heiligen Oscar Romero, der 1980 während eines Gottesdienstes in San Salvador von einem Scharfschützen erschossen wurde. Den Märtyrern der Nazi-Diktatur ist ein eigener Altar gewidmet, unter anderem mit einem Gebetbuch des KZ-Häftlings Maximilian Kolbe und Briefen des österreichischen Kriegsdienstverweigerers Franz Jägerstätter. Insgesamt gebe es in der Basilika über 120 Reliquien von Märtyrern der Gegenwart, sagte Angelo Romano, Rektor von St. Bartholomäus auf der Tiberinsel, kürzlich gegenüber dem US-Pressedienst "Catholic News Agency" (CNA). Für ihn sind die Märtyrer starke Glaubensvorbilder: "Diese Menschen, vergaben ihren eigenen Verfolgern, wie Jesus am Kreuz. Das ist die Kraft der Liebe", so Romano.

Blick auf die Tiberinsel in Rom
Bild: ©p1claudio/stock.adobe.com

Blick auf die Tiberinsel in Rom mit der Kirche San Bartolomeo all'Isola (rechts seitlich im Bild)

Es war Papst Johannes Paul II., der "San Bartolomeo all'Isola" 2002 den neuen Märtyrern des 20. Jahrhunderts widmete. Dabei war ihm besonders der Aspekt der "Ökumene des Bluts" wichtig: Nicht nur Katholiken, die wegen ihres Glaubens zu Tode gekommen waren, sollte hier gedacht werden, sondern auch Protestanten und Orthodoxen.

Dass ausgerechnet die Kirche auf der Tiberinsel dem Märtyrergedenken gewidmet ist, hat seine Vorgeschichte: Eine Expertenkommission, die zur Vorbereitung des Heiligen Jahres 2000 das christliches Martyrium des 20. Jahrhunderts wissenschaftlich untersuchte, war in Räumen der Kirche untergekommen.  Dort durchforstete die Kommission offizielle Dokumente, Briefe, Berichte und Memoiren der Märtyrer. Dabei sei in ihm ein Interesse, ja eine Leidenschaft für das Thema entstanden, erinnert sich Andrea Riccardi, Historiker und Gründer der katholischen Gemeinschaft Sant’Egidio: "Es gab Tausende von Geschichten zeitgenössischer Männer und Frauen: Christen, die als solche getötet worden waren". Er empfinde die aktuellen Märtyrer als "Skandal" in einer Welt, deren oberste Regel es sei, sich selbst zu retten, betonte er 2008 aus Anlass eines Besuchs von Papst Benedikt XVI. in der Kirche.

Der deutsche Papst hatte damals gesagt, auch das 21. Jahrhundert stehe unter dem Zeichen des Martyriums. Wer christliche Aufgaben wie brüderliches Zusammenleben, Liebe und Glaube sowie den Einsatz für die Bedürftigsten und Ärmsten wahrhaft lebe, könne auch heute Opfer von Gewalt werden. Allerdings habe es nur den Anschein, dass Gewalt, Totalitarismus, Verfolgung und blinde Brutalität stärker seien; vor dem Hintergrund der Auferstehung erkläre sich dann der Sinn des Martyriums.

Kleines Geschenk, großes Symbolkraft

Einige Jahre später bedachte Franziskus das Gotteshaus dann mit einem kleinen Geschenk mit großer Symbolkraft. Er schenke ihm einen kleinen Holzvogel, der aus einer syrischen Kirche stammt, die während eine Bombardierung Aleppos in Brand geriet. So lassen sich in der Kirche Spuren von Märtyrern vom Beginn des Christentums bis heute nachvollziehen.

Von Gabriele Höfling