Paderborner Andreas Kurte über Herausforderungen des Priesterseins

Personaldezernent: Priester durch "Pauschalverdacht" belastet

Veröffentlicht am 23.08.2019 um 09:35 Uhr – Lesedauer: 

Paderborn ‐ Viele Priester hätten heute Angst, sich als solche in der Öffentlichkeit zu erkennen zu geben. Darüber und über andere Probleme des Priesterseins berichtet der Personalchef des Erzbistums Paderborn – auch aus eigener Erfahrung.

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Der Paderborner Personaldezernent Andreas Kurte sieht angesichts der Missbrauchskrise einen Generalverdacht gegenüber katholischen Priestern. Spätestens seit der Veröffentlichung der MHG-Studie "unterliegen wir alle einem Pauschalverdacht", sagte Kurte laut Mitteilung des Erzbistums Paderborn (Donnerstag). Das empfänden viele als Belastung, "auch oder gerade dann, wenn die eindeutige Mehrzahl der Priester ihren Dienst treu und gewissenhaft" erfülle. Sich in der Öffentlichkeit als Priester zu erkennen zu geben, falle vielen Geistlichen daher immer schwerer, so der Leiter der Zentralabteilung Pastorales Personal im Erzbischöflichen Generalvikariat. Sich selbst nehme er davon nicht aus.

Zunehmende Komplexität in pastoralen Großräumen

Schwierigkeiten bereite vielen Priestern heute zudem die zunehmende Komplexität in den Pastoralen Räumen, sagte Kurte weiter. Viele Geistliche seien "unter ganz anderen Bedingungen" in ihren Dienst gestartet. Nun würden die Räume größer, während die Anzahl der Priester sinke. Zwar benötige das Erzbistum künftig nur noch 87 leitende Pfarrer in seinen Pastoralen Räumen, so der 55-Jährige, der selbst 1990 zum Priester geweiht wurde. Doch "selbst für diese Räume werden wir auf Dauer nicht mehr genügend Leiter haben".

Während ein Priester früher in einer einzigen Gemeinde tätig gewesen sei, könne er heute in einem Pastoralverbund gleich für 10 bis 20 Pfarreien zuständig sein, so Kurte weiter. "Hier stehen wir vor großen Fragen: Wie kann ein Priester einen solch großen Pastoralverbund leiten? Wie kann er ein Pastoralteam aus mehreren Frauen und Männern führen und begleiten? Wie können Aufgaben verteilt und das Ehrenamt gefördert werden?" Eine einfache und klare Antwort gebe es darauf nicht, so der Personaldezernent.

Kurte sieht aber auch Chancen – gerade für Priester, die nicht in Leitungsfunktionen stehen. Deren Rolle brauche zukünftig nämlich nicht mehr in der Überforderung bestehen, "anderen zu sagen, was sie zu tun oder zu lassen haben". Vielmehr könne die Chance darin bestehen, Begabungen Einzelner zu fördern und Menschen in ihrem aktiven Leben aus dem Glauben zu unterstützen. "Das Verbindende dabei ist und bleibt die Eucharistie", ist er sich sicher.

Das Erzbistum Paderborn rechnet damit, dass sich die Zahl seiner Priester in den kommenden 15 Jahren um etwa zwei Drittel verkleinert. Derzeit sind etwa 490 Priester im aktiven Dienst. Diese Zahl wird sich nach den Hochrechnungen der Diözese bis zum Jahr 2034 auf 170 reduzieren.

Im vergangenen Herbst hatten die deutschen Bischöfe eine Missbrauchsstudie (MHG-Studie) veröffentlicht. Demnach wurden in den kirchlichen Akten der Jahre 1946 bis 2014 Hinweise auf bundesweit 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe und auf rund 1.670 beschuldigte Priester, Diakone und Ordensleute gefunden. (tmg)